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Es waz ain fürst, der het ain aigen lant, und der
gie ainsmals zu der vesper und hört lesen den vers:
Deposuit potentes de sede, und daz ducht in unmuglichen
und hies den vers hinlegen in allen den büchern, die in
dem land waren, und wer den vers lese, der solt ain
hant oder ainen füz verloren haben.
Ez geschach, daz in got weisen wolt sinen gewalt;
und der herre gie in die batstuben. Do kom ain engel
an sin stat, daz die lüt alle wonden, ez war der küng.
Und den kung bekanten sin gesind noch nieman. Und
der pader und si alle spoten sin alz lang, uncz in der
engel hin neme und sprach: „Globstu noch, daz got die
gewaltigen mag seczen von irem gewalt?" Do sprach
er: „Ja, ich wil ez iemer gern geloben". Und liez den
vers wider in die buch schriben.
Vgl.: Gesta Romanorum — Oesterley No. 59 — Dick cap. 148;
Jos. Klapper: Erzählungen No. 34. R.Köhler: Kleinere Schriften
11 207—250. 584 f. Catal. of romances III (1910) p. 202, 29.
26. Jude und Heide.
Man schribt, daz ain jud und ain haiden Fol. CXLVrii
komen zesamen in ainem wald. Der haiden rait und
der jud gieng und retten mit ain ander. Do sprach der
haiden zü dem juden: „Diz gepot: hab din nechsten
alz lieb alz dich selber, daz halten ir under ain ander
oder halt ir ez gen andern lüten och?" Do sprach der
jud: „Wir halten ez under uns juden, aber nit gen
andern lüten". Do sprach der haiden: „So ist ünser
glob volkumner denn der üwer; wan wir halten ez gen
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