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constitutiones Sororum de s. Marco in Argentina sich
richtet, so ist die Annahme nicht von der Hand zu
weisen, dass ein Strassburgeroriginal oder eine Abschrift
eines solchen nach der Gründung bei Diessenhofen gekommen
sei. Es scheint auch wirklich, dass der Vokalismus
Eigenheiten des elsässischen Dialektes zeigt:
seilich, selich; geiwant; weinen; gein dem ti'fel; gevöget;
böze; ervillet; gedeichen; geliegen; ze virchtene; virdert
uns; ubervliziges; notdirften; von unzimelichen geteiten;
chofshaz. Die Sprache selbst ist noch ungefüge, bietet
als Ubersetzung auch manche etwas kühne Neubildung
und eine gewisse Einförmigkeit in der Wiedergabe;
vgl. die zahlreichen Substantive auf -i oder -e, wie:
gehe, kushe, unkuschi, ebenhelli, einhelle, gedultsami,
gehorsami, gewaltsami, ungestümi, erbere, tröbe, ernst-
hafti, bescheidenlichi, unvridelichi, widerwerti, menec-
valte = multiplicitas, zitecheit, vollekeit, vranspöte,
vranspotecheit. Die Ungeübtheit des Schreibers oder
der Schreiberin zeigt sich in der Verwendung von ö für
u: diu öbunge; vöret, vörunge neben vören; vöget neben
vüget; gevucheit; gesreie; das vleis. Die Endungen
-an, -in, -on sind viel seltener als in den Evangelien-
perikopen: die solton; siu lebeton; handelon; der zwelf
boton; geordenot; ahtot; wir mügin; wir sun; kint minis;
mit disen wortin. ai findet sich nicht, sondern ei: er
seite; so er zu leit; treit.
Die Verhandlungen mit der Deutschen Kommission über
die Aufnahme dieses Sprachdenkmals in die Deutschen
Texte des Mittelalters sind durch den Krieg unterbrochen
worden; es ist aber keine Aussicht, dass sie
wieder aufgenommen werden.
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