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vorbehüte unde der gehorsami tu gen t von dem under-
tanen werde behalten.
Der siechon besorgunge oder die man nah
dem siechtagen wider bringen sol, oder die an
deheiner brodicheit aide siecheit erbeitent,
die sol man etelicher bevelhen, daz si uz dem
kelre bitte des ieglichiu bedürfe. Wan sol uzwelen
eine swester virtende got, diu umbe die siechen die
grosten ruche habe, unde sih vlizze in ze beitenne, des
si notdurftich sint; unde in mit solhem luste underdiene
si, alse ob si selbe unserem herren Jesu Christo diende.
Wan er wirt sprechende an dem gerihte (Matth. 25, 36):
„Ich was siech unde gesahent mich", unde aber (Matth.
25, 40): „Swas ir miner minnestem einem tatent, das
hant ir getan mir selber". Davon so suln die starken
tragen die bröde der siechen. Also ervillet man nah
sante Paulus spruche die gütlichen lere. Der sprichet
alsus (ad Gal. 6, 2): „Je einer trage des anderen burdi;
also ervüllent ir Cristes e". Oistes e ist diu minne.
Es ist aber der minnen ampt miteinander tragen die
burdi. Geandertiu zit unde geänderte siechtage machent,
daz wir under ein ander tragen die burdi. Ez ist aber
niut, das also bewere den vrünt, so der ime sine burdi
hilfet tragen. Och sol der sieche gedenken, daz man im
dienet dur got, unde sol mit aller maht hüten, daz er
in, der im dienet, mit ubervlizze oder mit ungedult iht
betrübe. Vlize sich aber, wie er gotte genade gesage,
daz der siechtage, der im gegeben ist ze virbunge der
sele, iht verkeret in eine merunge der wize.
D. S. 95—118: Tintenlinienschema. 23 Zeilen. Rote
Initialen. Reste eines lateinischen Regelbuches. Das
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