Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 31
(PDF, 135 MB)
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vom Nichtwirklichen auf das Wirkliche, vom Schein auf das Wesen, vom
Stoff auf den Geist lenken. Oder mit anderen Worten: je mehr wir den
Willen der Menschheit vom Materiellen zum Idealen wenden, desto mehr
nähern wir sie der Wirklichkeit und desto mehr müssen Leiden und
Schmerzen ihre Macht über die Menschheit verlieren. Denn das höchste
Ideal ist zugleich auch die einzige Wirklichkeit. Die ideale (religiöse)
Welt und Lebensauffassung der Menschheit spiegelt sich wieder in Politik,
Wissenschaft und Kunst. Hierauf beruhen in unserer Zeit auch die Erfolge
der Sozialdemokratie. Denn das Ideal dieser Partei ist bekanntlich
der Zukunftsstaat. So lange dieses Ideal aufrecht erhalten wird, so lange
wird die Sozialdemokratie bestehen; mit diesem Ideal steht und fällt sie.
Also selbst die „religionsfeindlichste" Partei kann ohne Ideal, ohne Religion
nicht bestehen.

Wie in der Politik, so ist die richtige Unterscheidung zwischen
Geist und Stoff auch in der Wissenschaft in noch weit höherem Maße
von ausschlaggebender Bedeutung. In früheren Zeiten, wo man mit der
richtigen Unterscheidung zwischen Geist und Stoff noch besser vertraut
war als heute, wurden deshalb die damals bekannten Wissenschaften
viel richtiger und viel praktischer angewandt als in der Gegenwart.

Greifen wir z. B. heute aus den verschiedenen Wissenschaftszweigen
die Mathematik heraus, so finden wir, daß diese Wissenschaft nur noch
den einen Zweck verfolgt, möglichst bald in der Außenwelt eine sogenannte
praktische Verwendung zu finden. Dadurch wird ein hohes und
heiliges Wissen in die Welt der Erscheinungen herabgezerrt, als Gelderwerbungsmittel
prostituiert und schließlich seinem vollständigen Untergange
entgegengeführt. Wirklich praktisch kann doch eine Wissenschaft
nur dann angewandt sein, wenn sie eine Stufe zu einem noch höheren
Wissen und zu höherer Erkenntnis bildet. Die wahre praktische Anwendung
der Mathematik sollte deshalb, wie dies zu Piatos Zeiten der
Fall war, eine Vorstufe zur okkulten Wissenschaft, zur Philosophie und
zur Erkenntnis sein. Diese einzig richtige und wahrhaft praktische
Anwendung der Mathematik scheint auch noch von einigen unserer
heutigen Mathematikern erkannt zu werden. So sagt z. B. Suter in der
„Geschichte der Geometrie" mit Bezug auf die platonische Schule: „Die
großartigen Fortschritte der Mathematik unter Plato und seinen Nachfolgern
sind in dem Wesen der platonischen Philosophie begründet. So
lange das Studium der Mathematik darauf ausging, zur reinen Erkenntnis
der höchsten Prinzipien der Wissenschaft zu führen, solange war sie dem
großen Philosophen lieb und wert und die Grundlage jedes andern Wissens;
sowie sie aber mit dem Sinnlichen sich verband, wie sie den Zielen und
Bestrebungen des (sogenannten) praktischen Lebens dienen sollte, verabscheute
er sie. Daher sehen wir auch unter den ersten Piatonikern
bei derselben Höhe der reinen Mathematik die (sogenannten) angewandten
Wissenschaften vernachläßigt. Plato machte die Mathematik zur Grund-


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