Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 135
(PDF, 135 MB)
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er leise öffnete, hinaus sah, und dann die Türe wieder sorgsam verschloß.
„Ich bin etwas ängstlich, aber Vorsicht kann nie schaden! Und sind wir
auch vor einer Störung sicher, so ist es doch nicht, ausgeschlossen, daß
man uns belauscht; es darf aber um Gotteswillen hier niemand ahnen,
daß ich bei der Sache die Hand im Spiele habe, denn der Graf würde
es mir nie vergeben*, meinte er zu dem anderen, einer langen, hageren
Figur im schwarzen Wams, steifer Krause und der goldenen Kette um
den Hals. Das war der Kanzler des regierenden Grafen, nächst seinem
Herrn die einflußreichste Person in dem kleinen Ländchen, dessen Grenzen
ein guter Reiter in kurzer Zeit abreiten konnte.

Aber nicht nur, daß sich die Regierungsgeschäfte bei der damaligen
Umständlichkeit tatsächlich so kompliziert gestalteten, wonach für die
kleine Hofhaltung, die beiden Städtchen und das halbe Dutzend Dörfer
ein Minister beinahe nötig war, sondern es schmeichelte auch der Eitelkeit
des Grafen, die Ausführung seines Willens in die Hände eines „Kanzlers"
legen zu können. Das gab nach außen hin Stellung und Gewicht, denn
der schlaue Kanzler zeigte sich gar oft als gewiegter Diplomat und wußte
die Interessen seines Herrn an den Nachbarhöfen gar vorteilhaft zu vertreten
. Intrigenspiel und hohe Politik wurden damals selbst an den kleinen
und kleinsten Höfen getrieben.

Der Kanzler war jedoch nicht immer zuverlässig. Nach außen zeigte
er den treuen Diener seines Herrn, aber Ehrgeiz und böse Leidenschaften
wühlten in seiner Seele und ließen ihn geheime Ziele verfolgen und Pläne
schmieden, die sehr mit den Interessen des Grafen im Widerspruch waren.
Es gelang ihm, seine Umgebung vollkommen über seinen wahren Menschen
zu täuschen, so daß niemand eine Ahnung von seinen bösen Absichten
hatte. Aber er erfreute sich keiner besonderen Beliebtheit. Sein Herr
achtete ihn, denn er war kluglind geschickt; seine Umgebung schmeichelte
ihm und fürchtete ihn auch wohl, denn er hatte Einfluß über den Grafen
gewonnen, aber nur wenige suchten seine Freundschaft. Es lag in seinem
Wesen etwas, das zur Vorsicht mahnte, obwohl er sich eifrig bemühte,
eine gewisse Liebenswürdigkeit zur Schau zu tragen.

Heimliche Wege zu gehen, verstand der Kanzler sehr gut. Und
auf diesen Wegen traf er einst wie zufällig seinen heutigen Verbündeten,
den Junker mit den schwarzen stechenden Augen und der scharfgebogenen
Nase, ein armer Verwandter des Grafen, den der Letztere in seine Burg
aufgenommen hatte und wie einen Sohn behandelte. Freilich befand
sich der Junker dadurch in einer gewissen unbequemen Abhängigkeit,
was für ihn, der das Zeug zu einem Lebemanne in sich hatte, sehr
empfindlich war.

„Also hört, Herr Kanzler," sagte er leise, „der Bischof fordert von
Euch, daß Ihr Euren ganzen Einfluß aufbietet, den Grafen für das Bündnis
mit dem Hartenberger günstig zu stimmen, so Ihr auf des Bischofs
Antrag morgen einen ablehnenden Bescheid erhalten solltet, was wahr-


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