Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 150
(PDF, 135 MB)
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Die letzten Dinge übersteigen menschliches Erkennen unermeßlich, und
in Symbolen nur läßt sich Nirwäna verstehen. In weiser Erkenntnis vermeidet
der Buddhismus Spekulationen über das absolute Sein. Aus
den ältesten - bekannt gewordenen Urkunden ergibt sich, daß Nirwäna
das Erlöschen der Leidenschaften und Begierden, Vernichtung
des Verlangens nach neuem individuellem Leben ist. Das Ziel,
auch das Streben aller Mystik, kann schon in dieser Welt durch ein
Leben in Heiligkeit erreicht werden, auf das dann neue Lebensformen
nicht mehr folgen. Das ist die buddhistische Erlösung. Erlösung vom
Leben und vom Leiden. Ewiger Frieden. Jenseits von Geburt und
Tod.

„Das Auslöschen des Selbst ist Nirwäna. Glücklich der, welcher
aufgehört hat, dem Vergnügen zu leben und der in der Wahrheit ruhet.
Wahrlich, seine Ergebung und die Stille seines Gemütes sind höchste
Seeligkeit." (Dr. Paul Carus.)

Der Buddhismus beansprucht nicht weniger als das Christentum
die Religion des Mitleids und der Liebe zu sein. Seine tiefe Lebensweisheit
und ausgesprochene praktische Tendenz hat ihn auf den verschiedensten
Stufen menschlicher Kultur und in allen Zonen heimisch
gemacht. Kein vorurteilsfrei Denkender wird ihm Achtung oder Sympathie
versagen. Der Buddhismus ist als Volksreligion geeignet, wie wenig
andere Systeme, sein ethischer Gehalt ist nicht zu unterschätzen.. Deswegen
aber darf er nicht kritiklos verhimmelt werden. Ob er für unsere
Kultur geeignet ist, erscheint mindestens ebenso fraglich, als ob für seine
ursprüngliche und ungetrübte Phase schon heute die Menge reif ist.
Würde er nicht dasselbe Schicksal erfahren, wie in Tibet, oder wie das
Christentum? Vielleicht wäre das Endergebnis wieder ein Lamaismus,
der ja mit dem katholischen Christentum so viel Verwandtes hat Wenn
die buddhistische Mission jetzt auch in Deutschland die Werbetrommel
rührt, so ist im Voraus gewiß, daß Mancher Sehnen eine Erfüllung findet.
Die große Menge aber wird das wenig kümmern. Eine Sekte mehr.
Die eigenartige Stellung der Individualität im Buddhismus entspricht
keineswegs dem Volksempfinden, am wenigsten aber dem Subjektivismus
der Gegenwart. Im Volke ist es der verschärfte Kampf um die Existenz,
gewiß keine Phrase, der mit einer buddhistischen Ethik ebensowenig
anfangen kann, wie bisher mit der christlichen.

Den Gebildeten aber wird mit dem vertieften Verständnis auch der
Wert des ursprünglichen und reinen Christentums wieder bewußt werden.
Die geistigen Führer des Volkes werden es dann als ihre heilige Pflicht
erkennen, die Schätze ihrer Tradition, die Kulturwerte einer zweitausendjährigen
eigenen Vergangenheit zu bewahren. Nicht allein in der Ferne,
noch lebt auch in unserem Vaterlande und in der bisherigen Heimat der
Seele die Erlösung im Zeichen des Kreuzes. Im selbstsicheren Bewußtsein
eigenen Besitzes werden wir dann unbefangen und mit freiem Blick


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