http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1907/0266
- 263 —
wesen irgend in eine gleiche Reihe zu setzen, das ewig Unbegriffene
mit unserer Sinnlichkeit zu vermengen. G. Müller will nun aber Gott
als zeitlich wandelbar, doch ohne Bewußtsein als „System" auffassen
und, wenn das Pantheismus sein soll, der sich unter so vielen höchst
unklaren Vorstellungen, „wo Begriffe fehlen" als „Wort einstellt", so
ringt er wohl um den Preis äußerster Unklarheit. Ein „System" ist
überhaupt stets nur etwas abstrakt Erkanntes; wie ein „System" Opfermut
üben, seine Allmacht einschränken solle, ist wohl keinem verständlich
. Von dem gesunden Pantheismus, der uns alle von dem Monon
der Gottheit umschlossen sein läßt, so daß es keiner Abgabe der Allmacht
bei ihr zu unserem Glücke bedarf, hat Hr. Müller keinen Begriff.
Und — seltsam genug! — stellt er seinem „Monismus* meinen „Dualis-
mus" entgegen. Nachdem die Uberschrift meines Beitrages schon
..Materie als Geisterzeugnis1 lautete und ich so deutlich, wie
es jemand vermag, gerade die selbständige Stellung der „Materie" neben
dem Geiste ablehnte, hatte er mich zu unterrichten, daß er „Geist nur
in Verbindung mit seinem (es ist wert, das Folgende als philosophisches
Muster zu beachten) jungen Bruder (sie!) zu denken vermöge". Und
diese Vorstellung von „Materie" nicht nur als von etwas Selbständigem,
sondern von ihr als ..jungem Bruder', der gleichwertig neben den
Geist tritt, ist kein Dualismus??
Es ist unumgänglich und durch jedes Beispiel zu belegen, daß eine
Weltauffassung, die monistisch sein will, entweder dabei auf die Materie
oder auf das Geistige als Ausgangspunkt sich gründet. Als ich
G. Müller daran erinnerte, daß auch der Monist du Prel den Primat des
Geistes annahm, — was« doch übrigens vor allem das Wesen, nicht den
zeitlichen Vorantritt ausdrückt — erwiderte er, daß er „mehr Monist sei,
als ich". Ich sollte meinen, man könne eben nur entweder Monist oder
nicht Monist sein; wie man mehr Monist sein könne, als ein anderer,
geht über meinen Begriff. G. Müller selbst aber mit seinem „jungen
Bruder"? Da ist von ihm die Materie doch wohl als das zeitlich Spätere
hingestellt^ Oder nicht? Wie sodann alle Einzelwesen zur Vollendung
kommen sollen, ohne damit ein Einerlei zu werden, scheint ihm unmöglich
. Denke er einmal über Schillers Spruch nach: „Keiner sei gleich
dem andern, doch gleich sei jeder dem Höchsten. Wie ist das zu machen?
Es sei jeder vollendet in sich! Genug! Ich lasse mich auf manche
andere Widersinnigkeiten des Hr. Müller nicht ein und darf wohl fragen,
ob ich mit einigen scharfen Worten über diesen Unsinn oben zu viel
sagte. Nach seinem zweiten mir vorgelegten Zuworte, das von solchen
Mißverständnissen voll war, mußte ich die Hoffnung aufgeben, mich mit
ihm zu verständigen. Verdenkt man es mir, daß ich in einem zwar
keineswegs groben, — dies liegt in Briefen außerhalb meiner Art! —
aber doch scharf abweisenden Schreiben den Abdruck meiner „Richtigstellung
" mit solcher Hinzutat mir verbat? Er freilich erwiderte mir,
17*
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1907/0266