Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 278
(PDF, 135 MB)
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und sodann, wie aus der Annahme einer mystischen Metaphysik philosophischer
Pessimismus und seine praktischen Anschauungen, Quietismus
und Asketik, sich entwickeln. —

Es genügf natürlich nicht, die fertigen Resultate des Denkens an
einander zu messen; eine wirkliche Einsicht erlangen wir erst dann,
wenn wir den Gang des Denkens als wesentlich gleich erfassen können.

Da nun jede Philosophie in ihrer Ethik gipfelt, so richten wir unser
Augenwerk vornehmlich auf diese, nicht in der Absicht, die Identität
der Schopenhauerschen und indischen Ethik erst nachzuweisen,
als vielmehr um die Übereinstimmung zwischen beiden genau
abzugrenzen und besonders um die Wege aufzudecken, auf
welchem unsere Weisen zu ihrer übereinstimmenden Auffassung
des Sittlichen gelangt sind.

Unsere Untersuchung geht also zunächst der metaphysischen Übereinstimmung
nach und zeigt sodann, wie aus gleichen metaphysischen
Voraussetzungen heraus bei den in Betracht genommenen Denkern der
ethische Prozeß die gleichen Bahnen einschlagen muß.

Während die Inder ihre so völlig ursprüngliche und darum für uns
so wertvolle religiöse und philosophische Lehre entfaltet hatten, bildete
sich in Westasien, wo alle Völkerstämme, semitische, wie indogermanische,
um die Halbinsel Sincar als den gemeinsamen Anziehungspunkt gravitierten
, ein zweiter Kulturkreis aus, welcher, von Iran bis Ägypten reichend,
vorwiegend unter semitischem Einflüsse stand und ais höchstes Erzeugnis
die Gedankenwelt des Alten und Neuen Testamentes hervorgebracht hat.

Der dritte und letzte, wenigstens der Hauptsache nach ursprüngliche
Kulturkreis ist der der griechischen und römischen Welt, und die
schönste Blüte desselben die Philosophie der Griechen, welche eine
Fülle der wertvollsten Gedanken entfaltete und doch mit all dem Großen,
was sie bot und heute noch bietet, nicht i m s t a n d e w a r, den Anforderungen
des Kopfes wie des Herzens völlig zu genügen.

Daher geschah es, daß zu Anfang unserer Zeitrechnung ein Gefühl
der Leere und des Bedürfnisses in der antiken Welt sich ausbildete,
welches im allgemeinen in der Hinneigung der römischen Kaiserzeit zu
den orientalischen Kulten seinen Ausdruck fand. Als dann die griechischrömische
Welt, im Gefühle der eigenen Unzulänglichkeit, hülfesuchend
wie der macedonische Mann in der Apostelgeschichte (16, 9) die Hände
gegen Osten streckte, da verfiel sie nicht auf die ihr urverwandte Weisheit
der Inder, sondern auf das Christentum, welches auf dem
semitischen Stamme, wenn auch nur als ein Pfropfreis, erwachsen,
von Jugendkraft erfüllt, sich eben anschickte, seinen Eroberungszug
in die Welt anzutreten.

Dann mischten sich die biblische und die griechische Weisheit und
erzeugten aus sich die Weltanschauung des Mittelalters, bis endlich
in der kantischen Philosophie die völlige Auflösung des bisher Be-


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