Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 280
(PDF, 135 MB)
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dieses erfaßt? Als ein Göttliches, als ein auf ewigem Grunde Gegründetes.
(Schön sagen die Upanischaden „Der Grund aller Dinge ist Ewigkeit").5)

Ist dem so, dann könnte wohl die Mystik als Urform °) der Religion
bezeichnet werden — während das viele andere, das man als Wurzel
der Religion ansieht zwar wohl in Zusammenhang mit ihr stehen mag,
aber streng genommen etwas Außerreligiöses7) ist.

Wodurch wird nun dieses Bewußtsein erweckt. Durch plötzliche
Einstellung aller übrigen Bewußtseinsfunktionen.8) Nach den Lehren
der Mystiker nämlich. Es ist in keiner Weise widerstreitend, es für
möglich zu halten, daß das transzendentale Objekt des mystischen Bewußtseins
auch transzendentales Objekt anderer Bewußtseinszustände sein
könnte und da dem mystischen Bewußtsein dasselbe als ein Göttliches
erscheint, so kann man von einer „göttlichen Valenz" desselben sprechen,
dem der „mystische Sinn" korrespondiert.&)

*) Viele Mystiker sprachen von sich als „eins mit Gott". Ja Angelus Silesius
wendet sogar die communicatio idiomatum, diesen echt mystischen Tropus an:

„Gott kann nicht ohne mich ein einzig's Würmlein machen,
Erhalt' ich's nicht mit ihm, so muß es stracks zerkrachen".

Doch fehlt es auch nicht an demütigen Unterscheidungen:

„Ich bin nicht ich noch Du Du bist wohl Ich in mir,
Drum geb ich Dir, mein Gott, allein die Ehrgebühr."

Hitr ist der Punkt in dem hinsichtlich des Plus oder Minus an Identifizierung und
Unterscheidung — kurz identitäts- und Abhängigkeitsbewußtsein (den beiden Elementen
des religiösen Bewußtseins. Siehe Frankl, Grundzüge der allgemeinen Wirklichkeitstheorie
p. 29.) ein Variieren bei verschiedenen Individuen und bei demselben
Individuum zu verschiedenen Zeiten möglich ist.

*) Während die Religion der meisten Menschen auf bloßem Hörensagen beruht
. Religion ist nämlich Bewußtsein des Zusammenhanges mit dem Weltprinzip
bzw. mit dem letzten Grunde aller Erfahrung. Siehe Frankl, Grundziige der allgemeinen
Wirklichkeitstheorie p. 29. (Pierson.)

7) So Schutzbedürfnis, Erklärungsbedürfnis etc. Am nächsten dürften die
Tatsachen dem eigentlich Religiösen kommen, die der Römer nicht als religio, sondern
als pietas bezeichnet.

*) Normalerweise geschieht das unwillkürlich und zw. legen die Christen hierbei
mehr auf die voluntativen, die Inder mehr auf die intellektuellen Funktionen Wert,
eine Tatsache, die in anderem Zusammenhange bereits Deussen konstatiert hat
Ein von Anfang an mystisches Bewußtsein scheint es nicht zu geben (es wäre etwa
das der Cherubin); vielmehr scheint dessen Tiefe der Intensität der früheren (bes.)
Begchrungen proportinal zu sein. Darum bezeichnen auch häufig Mystiker die
„Sünde" als Durchgangspunkt zur höchsten Seligkeit. „Sünde14 aber a potiori heißt
hier alles das, was das Bewußtsein von seiner mystischen Funktion ablenkt.

') Der Ausspruch des Mystiker Tewwekul Beg

„Ich wußte nicht, daß der vergängliche Leib
etwas anderes als Wasser und Lehm sei"

scheint anzudeuten, daß er das Noumenon seines Leibes ev. eine „mystische" Erscheinung
derselben als jenes „Selbst*4 erfaßt habe.


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