Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 382
(PDF, 135 MB)
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- 382 —

Krankheiten geheilt, ihr Vieh von bösen Piagen befreit und es so gut
verstanden hätte, das Wetter vorher zu sagen.

„Das hab ich alles auch von ihr gelernt", erzählte er dem staunend
zuhorchenden Magister. „Wenn ich meine Hände auf einen kranken
Leib lege, so wird er, wenn es Gottes Wille so ist, sicher gesund, ohne
Tränklein und Salben. Das mögt Ihr mir glauben, lieber Vater, und so
Euch einmal eine Kur nicht gelingen sollte, so ruft nur mich und Ihr
sollt sehen, wie ich uns zu Ehren bringe. Wenn ich meine Hand über
das Wasser halte und Ihr trinkt es, dann müßt Ihr gesund werden, selbst
wenn Ihr noch so wütige Schmerzen im Leibe hättet. Daß ich viel
gute Kräutlein kenne, die Gott zum Wohle der Menschen wachsen läßt,
das habt Ihr ja neulich gesehn, aber ich kenne noch manches Geheimnis,
wovon die anderen Leute nichts wissen dürfen, nämlich wie man ein
glühend Eisen angreifen mag, ohne sich zu verbrennen oder wie man
es machen kann, daß einem der böse Blick nicht schadet und noch viel
andere nützliche Sachen, die ich Euch, liebster Vater, nach und nach
verraten will/4 Und kosend umfing er bei diesen Worten den Magister
und lehnte sein Lockenhaupt an dessen bärtige Wange.

Voll Zärtlichkeit, aber auch voll banger Sorge sah dieser auf ihn
nieder. „Mein Kind," sagte er, „ich warne dich, sei vorsichtig und lasse
von derlei Künsten hier nichts merken. Es sind gar böse Menschen
um uns, die das, was du mir soeben erzähltest, für Hexerei und Teufelskünste
auslegen und dich gar arg bedrohen würden!*4

„Deshalb wohl ließ mich mein Mütterlein nur selten allein fortgehen,
und wrenn ich ihr dennoch einmal die Erlaubnis abschmeichelte, mit den
Buben spielen zu dürfen, da war sie immer ganz aufgeregt, weinte und
küßte mich und bat mich, bei ihr zu bleiben. Und meistens blieb ich
auch. Wenn sie aber fortging, dann sperrte sie mich jedesmal ein."

„Armer Junge! Und was triebst du denn da so allein?"

„0 bei Tage wurde mir die Zeit nicht zu lange, da nestelte ich
Spitzen, wie die Mutter es mir gelehrt, oder ich durfte in dem großen
Buche lesen, in welchem all die schönen Kunststücke eingeschrieben waren
— denn lesen kann ich schon lange — aber oft ging sie des Abends aus,
und das machte mich bange. Da lag ich denn allein in meinem Kämmerlein,
und wenn da manchmal der Mond so schön hereinstrahlte, da dachte
ich mir, wie lustig es wohl jetzt da draußen sein müßte, so im funkelnden
Mondschein dahin tanzen zu können, weit hinaus vor das Dorf. Und da
packte mich eine so große Sehnsucht — ein so unstillbares Verlangen, das
immer größer, immer mächtiger wurde und dann — dann —."

Verwirrt ließ er seine Blicke am Boden ruhn.

„Nun was tatest du dann," frug der Magister in gespannter Erwartung
, „was geschah dann?"

„Ihr werdet mir es nicht glauben und mich einen Lügner schelten,
wenn ich es Euch erzähle."


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