Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 408
(PDF, 135 MB)
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408 —

Töne mitergreift, indem man das Instrument ergreift (Brih. 2, 4, 7 fg.),
so hat man, indem man den Atman ergreift, alle jene Dinge mit ergriffen:
„fürwahr, wer das Selbst erkannt, von dem wird diese ganze Welt
gewußt* (Brih. 2, 4, 5 b). In der bereits erwähnten Stelle Chänd. Upanisch.
6, 1, 2 wird die vielheitliche Umwandlung des Einen für bloßes Wortgerede
, bloßen Namen erklärt, ganz wie der griechische Philosoph
Parmenides, der Meister der Eleatenschule, behauptet, daß alles, was die
Menschen für wahr halten, bloßer Name sei.

Fein und treffend ist auch die Bemerkung einer späteren Upanischade
(Nrisinhott. 9), daß nie ein Beweis für die Vielheit geführt werden kann:
„denn es ist kein Beweis möglich für das Vorhandensein einer Zweiheit,
und nur der zweitlose Atman ist beweisbar*. Wir können nie heraus
aus unserem Bewußtsein, welches unter allen Umständen eine Einheit
bildet.

Wenn wir nun die Bedeutung der Upanischaden für die Philosophie
kurz zusammenfassen, so ergibt sich:*)

1. Daß die Anschauung, welche später in der Lehre von der Mäyä
ihren schärfsten Ausdruck fand, schon den ältesten Upanischaden nicht
nur fremd ist, sondern in und mit ihrer Grundlehre von der alleinigen
Realität des Atman als deren notwendiges Komplement gegeben ist.

2. Daß diese Grundlehre der Upanischaden mit der Grundanschauung
der parmenideisch- platonischen und der kantisch - schopenhauerschen
Philosophie in wunderbarer Ubereinstimmung sich befindet.

Der erwähnte indisch-platonisch-kantische Gedanke, daß die ganze
Welt nur Erscheinung ist und nicht Ding an sich, bildet nicht nur das
eigentliche und wichtigste Thema aller Philosophie, sondern auch die
Voraussetzung und conditio sine qua non aller Religion; daher alle
großen Lehrer der Religion in alter und neuer Zeit gleichsam unbewußte
Kantianer sind. Das läßt sich in aller Kürze beweisen.

Die Hauptgüter aller Religion sind, wie Kant oft auseinandersetzt,
1. das Dasein einer Gottheit; 2. die Unsterblichkeit der Seele; 3. die
Freiheit des Willens, ohne welche keine Moralität bestehen kann.

Diese drei höchsten Heilsgüter der Menschheit, Gott, Unsterblichkeit
und Freiheit, sind nur dann haltbar, wenn die Welt bloße Erscheinung
und nicht Ding an sich (bloße Mäyä und nicht der Atman) ist, und sie
fallen rettungslos dahin, falls diese empirische Realität, in der wir leben,
das wahre Wesen der Dinge ausmachen sollte.

1. Das Dasein Gottes wird ausgeschlossen durch das Vorhandensein
des Raumes, welcher unendlich ist, somit nichts außer
sich zuläßt und innerhalb seiner nur dasjenige, was ihn erfüllt, d. h. die
Materie; denn sie ist ihrer genauesten Definition nach „das den Raum
Erfüllende".

•) Vgl. Deussen, Geschichte d. Philos. 1. Bd., 2. Abt., S. 41 u. ff.


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