Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 429
(PDF, 135 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1907/0432
— 429 —

Darum verheimlichte ich dir dein Geschlecht und erzog dich als Knabe.
Und daran wollte ich solange festhalten, bis es meiner Sparsamkeit gelungen
wäre, eines Tages mit dir in eine Stadt ziehen zu können, wo
wir es dann nicht mehr nötig gehabt hätten, dein Geschlecht zu verleugnen
. Freilich wärst du schon verblüht, ehe ich in diese günstige
Lage hätte kommen können. Doch ich dachte, das sei noch immer
besser, als eines rohen Bauern Faust. — Der Himmel aber will es anders.
Todesahnung beschleicht mein Herz, und ich kann nichts mehr ungeschehen
machen. Verzeihe mir, mein Kind, wenn ich dir Ungemach
bereitet habe, durch meine allzu große Sorge um dich, ich meinte es
gut. — In der heiligen Taufe ward dir der Name Elsbeth. — Bleibe gut
und fromm, mein Kind, und hast du einst deinen Vater gefunden, was
ich unerschütterlich glaube, obwohl ich nicht weiß, woher mir diese
Zuversicht kommt, so gib ihm diesen Zettel, und er wird für dich sorgen.
Lebe wohl und gedenke stets in Liebe deiner armen Mutter."

Dem Magister standen die Tränen in den Augen. Wehmut und
Freude stritten in seinem bewegten Gemüt um die Oberhand. Er hätte
jauchzen wollen wie ein toller Knabe aus Freude über das Kind, das
Pfand seiner Liebe, doch krampfte sich ihm das Herz im nächsten
Augenblick zusammen, wenn er an sein verlorenes Jugendglück dachte.
Und in diesen Widerstreit der Gefühle mengte sich noch das Erstaunen
über die merkwürdige Enthüllung, das Geschlecht seines Kindes betreffend.
Er hatte den Zettel nur still für sich gelesen, nun aber steckte er ihn rasch
zu sich, erfaßte im Uberschwang seiner Erregung das die Bilder betrachtende
Kind, preßte es an sich und küßte es mit stürmischer Zärtlichkeit
wieder und wieder — koste seine Wangen, streichelte sein Lockenhaar
und stammelte nur immer: %— mein Kind — mein Kind!" —

„Ja ja, sieh mich nur verwundert an, aber erschrecke nicht so sehr,
weil ich dich so stürmisch liebkose. Wisse — ich bin dein Vater —
aber dein leiblicher, wirklicher Vater! Sieh' hier dieses Bild, so habe
ich ausgesehen, als ich noch jung war — erkennst Du mich nicht — ?
Nicht wahr, jetzt lacht dein Herzchen vor Freude — und das hier ist
deine Mutter, das weißt Du; doch hier in diesem Brief, von Deiner
Mutter Hand geschrieben, steht es ja — Du bist mein Kind — nicht
mein Famulus, wie sie dich nennen — nicht ein Knabe — nein, Du
bist ein Mädchen — meine Elsbeth — mein — o, dieses Glück ist so
groß — wie soll ich es ertragen?44 —

Und er warf sich in einen Stuhl, zog sein Kind in seine Arme und
gab ihm süße Schmeichelworte und sah ihm in die Augen tief und
lange und preßte es an seine Brust Doch auch in dem Herzen des
Kindes blitzte es auf wie Frühlingssonnenschein, als es nach mancherlei
Erklärungen und Versicherungen endlich sein Glück begriffen hatte. Das
Entzücken des Vaters übertrug sich nun auch auf das Kind. Es war
der Abglanz der höchsten Seligkeit, mit der sie sich immer aufs neue


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