Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 476
(PDF, 135 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1907/0479
- 476 -

Wie oft mußte er sich bei dem Gedanken ertappen, wie schön es
wohl sein möchte, wenn Elsbeth sein leiblich Kind wäre. Der geheime
Groll gegen die Gräfin wurde wieder lebendig; aber auch etwas wie
Neid gegen den -Magister erfüllte seine Seele. Doch der hielt nicht alizulange
an, denn im Grunde war der Graf ein guter Mensch.

Auch heute ließ er sich freudig die kleinen Schnurren und Possen
des Mädchens berichten und niemand durfte ihn stören, sie mußten ihn
alle verlassen, auch die Gräfin, er wollte allein sein mit dem Kinde.
Denn erst dann wurde er lebendig und plauderte und lachte mit ihm, und
sein Gemüt wurde weich und seine Seele ruhig und willig überließ er
sich dem zauberhaften Einfluß Elsbeths. Allgemach überfiel ihn dann
auch ein Bedürfnis nach körperlicher Ruhe, er wurde immer müder und
schläfriger, bis ihm die Augen zufielen und er eingeschlafen war. Das
war noch jedesmal so. Auch heute. Elsbeth verhielt sich ein Weilchen
ganz still, bis sie bemerkte, daß der Graf im tiefen Schlafe lag, dann
erhob sie sich, befreite vorsichtig ihre Hand aus der seinen und begann,
den Anweisungen ihres Vaters entsprechend, magnetische Striche über
den Körper des Grafen zu ziehen.

Sie war in dieses Geschäft mit solchem Eifer versunken, daß sie
ein Geräusch, das von einem schweren Vorhang herkam, der das Gemach
von einem kleineren Nebenzimmer trennte, gar nicht vernahm.

Hinter diesem Vorhang standen zwei Personen und lauschten. Um
zu sehen, was am Krankenbette vorging, schoben sie ihn etwas zurück
und das hatte das Geräusch verursacht. Und Elsbeth hatte keine Ahnung,
mit welch boshafter Neugier ihr Tun beobachtet wurde und mit welchem
Ausdruck des Hasses die Augen der Gräfin auf ihr ruhten.

Endlich war sie fertig und verließ vorsichtig und leise das Gemach,
um den Schläfer nicht zu erwecken.

Aber auch der Vorhang wurde wieder zurückgeschoben und die
beiden Lauscher entfernten sich durch einen anderen Ausgang.

Die Gräfin eilte in ihre Gemächer und schloß sich dort mit dem
Kanzler ein. Sie war in einer maßlosen Erregung.

„Diese Landstreicherin0, stieß sie hervor, „dieses Bettelkind, unseren
ganzen Plan macht sie zunichte mit ihren höllischen Künsten. Der Graf
wird wieder gesund werden, und der Magister mit seinem Balg kommt
mehr als je zu Ehren. 0, wüßte ich nur den Weg zur Hölle, ich würde
nicht zögern, mich selbst dem Teufel zu überliefern, wenn ich nur dadurch
den verhaßten Heuchler, diesen Vitellinus in meine Gewalt bekommen
könnte!" Und als der Kanzler unbeweglich und gleichgiltig
blieb, steigerte sich ihr Zorn noch mehr. „Und Ihr steht da, wie aus
Erz gegossen! Wißt Ihr denn nicht mehr, was es gilt? Seid Ihr denn
plötzlich so demütig geworden und lockt Euch der hohe Preis nicht
mehr? Ihr wißt wohl überhaupt nicht mehr, was Ihr mir versprochen!


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1907/0479