Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 498
(PDF, 135 MB)
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Romane wie von Lebenden sprach; es ist als hätten wir einen Geisterseher
vor uns, der seine Umgebung mit schattenhaften Gespenstern erfüllt
und belebt.

Doch nicht genug an dem. Wir wissen, unter welchen seltsamen
Umständen bisweilen die Dichter ihre Werke schufen und schaffen.
Es sei hier an Schiller erinnert, der sich stimulierender Mittel bediente,
um in den für Abfassung seiner Arbeiten geeigneten Zustand sich zu
versetzen. Goethe sei erwähnt, der gesteht, daß er seine Werke „als
Nachtwandler geschrieben". Aus der Moderne möchte ich Frau Eysell-
Kilburgers inspiratorisches Arbeiten, die ihr von dem sogenannten „Kontroll-
Otto14 diktierten „Klänge aus dem Jenseits*' anführen. Wie viele sind
auch der Dichter, die dem Wahnsinn früher oder später verfielen, und
manchmal, gleich Hölderlin, in dieser Verfassung grandiose Dichtungen
schufen. Es ist dies leicht erklärlich. Ihr Verstand blieb ja unangetastet
von der Verwirrung der Einbildungskraft, und der Wahnwitz drückte sich
nur in ihren Beziehungen zu unserer Welt aus, nicht aber in denjenigen
zu ihrer gedanklich-dichterischen.

Der Dichter, welcher in gedrängter Form uns Ausschnitte, Bilder
des Lebens gibt, erfaßt und bearbeitet diese Bilder innerlich, wie der
Träumer, der Wahnsinnige, nur daß er seine inneren Gestaltungen von
der Umwelt zu trennen weiß, während der Träumer und der Irre ihre
Phantasmen nach Außen verlegen, sie mit der Außenwelt verquicken;
daher die Verwirrung der Prämissen, auf denen sich ihr Handeln aufbaut
. Wiederum kann der Dichter nur selten es vertragen, daß das
gemeine Leben in seine der schöpferischen Tätigkeit geweihten Stunden
eindringt. Jede von außen auf ihn einstürmende Störung wird ihn aufwecken
aus seiner Vertiefung in den zu behandelnden Gegenstand und
wird ihn seiner Umgebung gleich einem Verwirrten erscheinen lassen.
Hier sei auch auf die viel belächelte professorale „Zerstreutheit" hingewiesen
. Warum bespötteln wir sie? Weil der Betreffende scheinbare
Verkehrtheiten begeht; und doch, würden wir seinem Gedankengange
nachforschen, so dürfte es sich finden, daß er ganz korrekt gehandelt,
nur geschahen seine Entschließungen aus und in einer Gedankenwelt,
die nicht das Milieu der immanenten Verhältnisse beachtet.

Aber einzig aus ihren besonderen Voraussetzungen konstruieren
der Denker, der Dichter das Weltbild. Und selbst im Falle er uns die
„Wirklichkeit" vor Augen führt, bedarf er doch zur Ausgestaltung seiner
Dichtung der Mitwirkung der Imagination. Der ist kein Dichter, der
nur einen Abklatsch des Alltäglichen liefert. Im Dichtwerk wollen wir
Meinungen, Entscheidungen hören, welche dem Dasein entsprechen,
aber zugleich es klären und erklären, bezw. auf ein hinter ihm Seiendes
hinweisen.

Um die ideelichen Vorbilder des Lebens zu erfassen, muß der
Dichter sich in sich versenken. Er muß in sein Inneres eingehen und


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