Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 507
(PDF, 135 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1907/0510
„Die Weh ist meine Vorstellung." Diesen Satz stellt Schopenhauer
als Grundwahrheit an die Spitze seines Hauptwerkes. Die Welt ist Vorstellung
und zunächst nichts darüber hinaus, das heißt: die Welt ist bedingt
durch das anschauende Subjekt, nur für dieses vorhanden, ohne
dieses unmöglich. Diese Tatsache „ist bloß in Europa in Folge der
wesentlich und unumgänglich realistischen jüdischen Grundansicht paradox;
denn in Indien ist sowohl im Brahmanismus als im Buddhaismus
der Idealismus sogar Lehre der Volksreligion." *)

Schopenhauer erbringt drei Beweise für diese seine grundlegende
Anschauung der Welt als Vorstellung.

Erstens. Jede Erkenntnis ist wesentlich Vorstellung. Jede Vorstellung
zerfällt notwendigerweise in zwei Korrelate: Subjekt und Objekt,
zu einer jeden Vorstellung ist nötig ein Vorstellendes und ein Vorge-
gestelltes. Somit ist Objekt-sein nichts anderes als: vom Subjekt erkannt
werden, und Subjekt-sein heißt nichts mehr als: Objekte haben.
Subjekt und Objekt sind schlechthin untrennbar, selbst für den Gedanken,
indem jedes nur durch und für das andere Bedeutung und Dasein hat.

Insofern erscheint also jedes Objekt als abhängig vom Subjekt,
ohne daß es eben kein Objekt sein kann. So auch die Vorstellung der
Welt. Die Welt kann nur sichtbar werden, das heißt: in die Vorstellung
treten, das heißt: Objekt werden, wenn ein sehendes, vorstellendes Subjekt
vorhanden ist. Nur für dieses ist die Welt vorhanden, nur für und
durch ein anderes. Sie existiert nur in dieser Abhängigkeit und nicht
an sich. Man kennt keine Sonne, nur ein Auge, das die Sonne sieht:
keine Erde, nur eine Hand, die die Erde betastet.

Erst mit dem ersten erkennenden Wesen trat die Welt als Vorstellung
auf; sie muß vergehen, sobald das letzte vorstellende Subjekt
verschwunden ist, denn ihr Bestehen ist ganz und gar relativ. „Kein
Objekt ohne Subjekt." Diese so nahe liegende unleugbare Wahrheit
stellt schon an der Wurzel die Welt, das Objekt, weil es durchaus immer
nur in Beziehung auf ein Subjekt da ist, als von diesem abhängig, durch
dieses bedingt und daher als bloße Erscheinung dar, die nicht an sich,
nicht unbedingt existiert.2) — Diesen Beweis der Idealität nennen
wir den logischen.

So leitet Schopenhauer von vornherein die Idealität der Außenwelt
aus der bloßen Tatsache ab, daß in jeder Vorstellung von einem Objekt
nur in Beziehung auf das vorstellende Subjekt die Rede sein kann. Die
Welt als Objekt ist abhängig vom Subjekt. In noch höherem Grade
erscheint dieses durch den folgenden zweiten Beweis begründet.

0 A. Schopenh. Werke, ed. Grisebach-Reciam III, S. 45. (Vieri. Wurzel.)

>) Ed. Frauenstädt, Vierf. Wurzel, § 16. W. a. W. u. V. I. b. 1 ff. Kritik der
Kant. Philosophie p. 514. — Grisebach: A. Sch.'s Handschriftl. Nachlaß Reclam.
B. II. p. 55.


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