Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 548
(PDF, 135 MB)
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sich hier sogar noch wesentlich einfacher als bei Schopenhauer. Die
Dogmatik hat auf das brahman alle höchste Vollkommenheit vereinigt,
alle Wesenheit, alles wahre Sein, so sehr, daß alles, was als von jenem
verschieden erscheint, nur als ein wesenloser Schatten sich darstellt, ja
im Grunde überhaupt nicht neben brahman existiert, gar kein Sein
außerhalb des Seins in brahman besitzt.

Wie aber im Buddhismus? Der ältere Buddhismus hat eine
eigentliche Metaphysik nicht ausgebildet, er kennt kein Ding-an-sich.
Darum beruht hier der Idealismus im wesentlichen auf dem ewigen
Fluß der Dinge, der durch das Gesetz der Kausalität gelenkt und beherrscht
wird. Dieses also ist es, das allein im Wirbel der Erscheinungen als
bleibende Macht sich behauptet. Es schwebt als ständige Potenz über
dem Hin und Her der sankhäras. *) Aber nicht als aeterna veritas,
nicht als eine transzendente Regel, der ewige Geltung zugesichert ist.
Vielmehr ist das Kausalitätsgesetz durchaus immanent und ist abhängig
vom Willen des Menschen, der, wenn er sich von der Welt abwendet,
auch den Anspruch des Kausalitätsgesetzes zunichte macht. Auf diesem
immanenten Prinzip beruht der buddhistische Idealismus, der also auch
in dieser Hinsicht in Gegensatz tritt zu dem Schopenhauers und des
Vedänta. Diese beiden nehmen zur innersten Begründung des Phänomenalismus
ihre Zuflucht zu einem transzendenten Prinzip. Wir können
sagen: der Idealismus des Brahmanismus und Schopenhauers ist hetero-
nom, der des Buddhismus aber autonom.

3. Die empirische Realität.

Weder Schopenhauer noch der Brahmanismus in der Gestalt des
Vedänta sind bei dem bloßen Idealismus stehen geblieben. Beide
sprechen den Erscheinungen Realität zu, nicht die absolute des Willens
oder des brahman, sondern eine empirische.

Eine Halluzination mag man als solche und daher als bloßes Trugbild
erkennen; daß sie tatsächlich dem Geiste vorschwebt, ist eine unbestreitbare
empirische Tatsache. In diesem Sinne also müssen wir
nach Schopenhauer und dem Vedänta den Erscheinungen empirische
Realität vindizieren.

Die Realität, die der naive Mensch der Außenwelt zuschreibt und
die in der Unabhängigkeit des Objektes vom Subjekt bestehen soll,
diese Realität ist ein Unding. Die Realität aber, die der Vedänta und
Schopenhauer annimmt, hebt die transzendentale Idealität durchaus nicht
auf. Realität ist überhaupt nichts anderes als der richtige Übergang von
der Wirkung auf die Ursache, sie ist Sache des Verstandes. Das
durch den Verstand richtig Erkannte ist Realität; ihr Gegensatz
ist der Trug des Verstandes: der falsche Schein.**) Die Realität hat

*) Oldenburg a. a. O. 273.

**) W. a. W. u. V. I., S. 58, Schopenhauer, Ausgabe Grisebach, Phil. Reciam,
Leipzig.


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