Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
1.1907/8
Seite: 551
(PDF, 135 MB)
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Mitten hinein in das bunte Treiben der Welt, in das Auf- und Abwogen
der Gestalten von Geburt und Tod findet sich der Mensch gestellt
, umringt von tausend Rätseln, bestürmt von tausend Schrecknissen.
Betäubt kehrt er den Blick ins eigene Innere, aber auch hier wie in der
äußeren Natur, schaut er auf eine wechselnde Flut von Empfindungen
und Gedanken. Von geheimnisvollen Kräften fühlt er sein eigenstes
Wesen durchdrungen, er erkennt sich als wie ein Ringplatz einander
feindlich gesinnter Gewalten: Trieb ringt mit Trieb, Verlangen mit Verlangen
. — Mikrokosmos und Makrokosmos, beide stehen ihm so wie
Fremdlinge gegenüber, mit Fragen auf der Lippe, die nach Antwort verlangen
. Was bin ich? Was ist die Welt? Was bedeutet all dies
stürmende Gedränge? —

Es muß etwas geben, das hinter all diesem wirren Treiben steht,
unberührt vom Wechsel. All diese Gestalten, die auftauchen und verschwinden
, eine die andere verdrängend, müssen auf einem geheimnisvollen
Urgrund beruhen, der still und sich gleich bleibt wie die Tiefe
des Meeres bei allen Stürmen der Oberfläche. Im Fluß der Dinge muß
es ein Stehendes geben, im ewigen Vergehen ein ewiges Sein, gleich
wie die eigene Persönlichkeit dieselbe bleibt durch allen Wechsel von
Kindes- und Greisenalter hindurch. Weil die Erscheinung beständig
wechselt, kann sie nicht das Wahre sein, denn das Wahre bleibt unveränderlich
. Und die ganze Welt ist dem Wechsel unterworfen, darum ist
sie in der Gestalt, wie wir sie sehen, nicht, wie sie wirklich ist Sie ist
nur ein Symbol, ein Abbild, sie redet mehr als sie sagt. Aus diesem
recht eigentlich philosophischen Gedanken heraus bildet der Mensch
die Göttergestalten der Mythologie und die Mythologie ist die Mutter
der philosophischen Metaphysik. Aus diesem Gedanken heraus schlössen
die Eleaten von dem ewigen Wechsel der Erscheinungswelt auf ein
hinter dieser ruhendes ewiges Sein, bildete Piaton als beständige Urbilder
der unbeständigen Dinge seine Ideen, aus diesem Gedanken
heraus schuf der Inder seine mythologischen Götter und sein metaphysisches
Brahman.

Zwei Wege gibt es, die zur Metaphysik führen. Der eine nimmt
seinen Ausgang von der großen Allwelt, der andere von der kleinen
Welt des Menschengeistes. Beide führen zu dem gleichen Ziele; zu
dem versteckten Grunde aller Erscheinung. Der Inder hat beide betreten
. Um die Elemente und ihr Walten zu erklären, suchte und fand
er seine Götter: Indra, Agni usw., er suchte nach dem „Lebenssaft" und
dem „Lebenssaft des Lebenssaftes", nach den Mächten und ewigen
Potenzen, auf denen der Weltlauf beruht. Man sucht die Erklärung der
Welt zu ermöglichen durch Annahme mythologischer Wesen, die, vom
reifenden Denken immer mehr ihres anthropomorphen Charakters entkleidet
, zu einer unpersönlichen Einheit führen. Wir nennen diesen
Weg zur Metaphysik den kosmologischen. — Daneben geht die meta-

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