Freiburger historische Bestände - digital

Ein größere Zahl solcher auf photographischem Weg festgehaltenen
mediumistischen Phänomene, die ja großenteils sehr flüchtiger Natur
sind, oft nur wenige Sekunden andauern, bringt das jüngste Werk des
bekannten französischen Astronomen Camille Flammarion, Direktor
der Sternwarte zu Juvisy bei Paris: les forces naturelles inconnues. Von
ihm liegt seit zwei Monaten auch eine deutsche Ausgabe vor, die unter
dem Titel: Unbekannte Naturkräfte im Verlag von Julius Hoff mann in
Stuttgart erschienen ist.

Unter diesem recht anspruchslosen Titel: Unbekannte Naturkräfte
enthält das genannte, 380 eng gedruckte Seiten umfassende Werk
Flammarions einen ausführlichen Bericht über seine reichen Erfahrungen
auf dem Gebiet des Mediumismus, die sich über einen Zeitraum von
mehreren Jahrzehnten erstrecken. Außerdem enthält dieser Band auch
noch Auszüge aus den Berichten, die zahlreiche andere namhafte Forscher

— wie der schon erwähnte Engländer Crookes — über ihre Erfahrungen
auf demselben Gebiet veröffentlicht haben.

Ich brauche wohl dem verehrlichen Leser, der sich mit diesem anfänglich
etwas verwirrenden, dann aber sehr lohnenden Studium befassen
will, nicht noch erst den Rat zu geben, sich mit diesem Band gründlich
vertraut zu machen. Der Name des Verfassers bürgt ja wohl dafür,
daß dieses Buch große Vorzüge besitzt; stellt es doch die Arbeit eines
exakten Naturforschers dar, der neben dem Esprit des Parisers auch die
so schätzenswerte Fähigkeit einer ausnehmend klaren Diktion besitzt,
wie sie bei unsern deutschen Gelehrten nicht gerade besonders häufig
zu finden ist.

Ich betone aber ausdrücklich: Die Absicht des Verfassers dieses
Buches war nicht die, das ganze große Gebiet der sogenannten Metaphysik
*) erschöpfend zu behandeln, sondern nur alle jene Erscheinungen

— wie sie z. B. in den Sitzungen mit der Italienerin Eusapia Paladino
und ähnlichen Medien auftreten — in Betracht zu ziehen, also Erscheinungen
physischer und psycho-physischer Natur, wie Fernwirkungen
des Mediums, .Berührungen durch sichtbare oder unsichtbare Hände,
Klopftöne und Ähnliches.

Die in diesem Buch nicht in Betracht gezogenen Tatsachen der
Telepathie, ferner die über das Normale hinausgehenden Kundgebungen
Sterbender, die Ahnungen kommender Ereignisse im Zustand des
Träumens usw., dies Gebiet hat Flammarion schon vor mehreren Jahren
in einer besonderen Schrift, betitelt: V Inconnu et les problems psychiques,
behandelt. Auch von dieser Schrift soll in nicht allzuferner Zeit eine
deutsche Ubersetzung erscheinen. Interessant sind die Schlußfolgerungen,
die Flammarion damals aus seiner Untersuchung der telepatischen und
ähnlichen Erscheinungen gezogen hat. Sie lauten kurz zusammengefaßt
folgendermaßen:

1. Die Seele besteht als wirkliches Wesen, unabhängig vom Körper.

2. Sie ist mit Fähigkeiten ausgestattet, die der Wissenschaft noch
unbekannt sind.

3. Sie kann Fernwirkungen ausüben ohne Vermittelung der Sinne.
Diese drei Sätze bilden also das Ergebnis jener Untersuchung der
Telepathie, die Flammarion in seinem früheren Werk L' Inconnu etc.
zusammengestellt hat. Seine Untersuchung der Erscheinungen des
Mediumismus in seinem später erschienenen, oben angeführten Werk

*) So nennt man jetzt die okkulte Psychologie.