Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 71
(PDF, 140 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1908/0078
aber die Tore der Sinneswerkzeuge wieder öffnen, beginnt der glimmende,
vom großen Urfeuer abgetrennte Funke wieder zu glühen, wie ja auch
die Kohle, die unter der Asche fast verlöscht ist, wenn man sie anbläst,
neuerlich Feuer fängt. Durch die Oeffnungen des Körpers strömt die
Luft zur Seele, die jetzt, erwachend, dem All immer ähnlicher wird und
die Erinnerung an die Umgebung erlangt."

Gerade aber durch den Gedanken, daß der Logos von außen in
den Menschen dringt, der ihn von innen her erfaßt, ergab sich die'damals
naheliegende Sprachtheorie des Heraklit. Auch die Sprache ist ihm ein
Hineinleuchten des großen Logos in den Menschen. Mit dem Atem
zugleich dringt der große Logos in den Mund ein, mit der Zunge erfassen
wir ihn, mit ihr bringen wir ihn auch wieder selbsttätig hervor.
So war für Heraklit die Sprache ebenso ein Ausdruck des Wesens der
Dinge wie die Sinnenwahrnehmung; Spiegelung und Kad)abmung des Makrokosmos
im Mikrokosmos.

Für den Okkultisten besonders interessant ist es, daß Dr. Wolfgang
Schultz, auf dessen bereits zitierter Studie „Pythagoras und Heraklit"
diese Darlegungen beruhen, nachweist, daß die Lehren des Pythagoras
und des Heraklit den Grundgedanken enthalten, welcher alle Zaubersprüche
und Beschwörungsformeln trägt, die durch die Macht geheimer,
das wahre Wesen von Dämonen und kosmischen Gewalten enthaltender
Namen sich das Naturgeschehen unterwerfen wollen.

Nach der Lehre des Pythagoras muß der Geist die Dinge erfassen
und sie in der Namengebung nachahmen. Die Worte sollen Erläuterungen
der Dinge sein und nicht jeder kann sie vermitteln, die Götter sprechen
anders als die Menschen, ihre Namen sind ihre redenden Bildnisse.

Bei Heraklit läßt sich die Bedeutung, die er geheimnisvollen, das
wahre Wesen der Dinge enthaltenden Namen zuschrieb, an den bereits
von uns erwähnten sechs Zauberworten im Tempel der Diana von
Ephesus, zu denen Heraklit in nahen Beziehungen steht, erweisen.

Im Tempel der ephesischen Artemis befanden sich, ähnlich den
Sprüchen der sieben Welsen in Delphi, sechs tiefsinnige Zauberworte
zu einem Hexameter aneinander gereiht.2) Der Ursprung dieses alten
Verses wurde dem sagenhaften Geschlechte der idäischen Daktylen zugeschrieben
.

Die Form des sechsfüßigen Hexameters und die Sechszahl der
Worte deuten auf die der Artemis heilige Dreizahl, welche auch im
System des Heraklit waltet.

Aber wichtiger ist der Inhalt. Die Zauberworte sind altertümliche,
fremdartig klingende, symbolische Bezeichnungen der gemeinten Gewalten.
Ata La (Wahrheit) jdfavaßsvbvg (Allbezwinger), Ter^ag (Vierheit), Ji£ (Erde,
"Aöxi (Schattenlos), Kaväaxi (Beschattet): das sind die sechs Rätsel von
Ephesos.

Der Allbezwinger ist die Sonne, die Vierheit das in den Jahreszeiten
sich vollendende Jahr, Schattenlos ist die Nacht, weil in ihr alles Schatten
ist, Beschattet der Tag, weil er licht ist.

Eine Deutung des Verses macht ihn zum Beweis dafür, daß zu
einer bestimmten Zeit das babylonische Sonnenjahr an Stelle des den
Griechen bis dahin bekannten Mondjahres eingeführt wurde. Diese
Deutung wäre: Wahrheit ist's, daß die Sonne im Laufe der vier Jahres-

0 S. 61 ff.

») Roscher, Philologus LX (1901) p. 81 ff.


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