Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 91
(PDF, 140 MB)
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„Alle guten Geister loben ihren Meister !" entfuhr es Sendling unwillkürlich
.

„Desgleichen wir!" sagte der Vornehmste von den Reitern und
blickte wie verwundert auf den Knecht. Dieser, durch den Laut seiner
eigenen Stimme und die deutliche, wenn auch leise Antwort des Ritters
beherzter gemacht, fragte nunmehr:

„Wohin reitet Ihr noch in so später Stunde?"

„Das will ich dir berichten", der Ritter hob die Hand, „daß du es
allen deinen Brüdern melden kannst. Der König, den du hast vorüberreiten
sehen, das war der Frankenkönig Chlodwig mit seiner Gemahlin
Chlotilde. Wisse, viele harte Taten haben der König und sein Hof verübt
. Drum ist er einem Zauber hingegeben, der ihm die Ruhe der
Seligkeit verweigert und ihn noch an die Erde bannt, ja solange an sie
bannen wird, bis er seine Sünden abgebüßt. Jetzt reitet er mit Heeresmacht
gen Norden, wo der Franzose besiegt werden soll, der unser
Land nun schon bald zwanzig Jahre in Unterdrückung hält. Nach zwei
Jahren» gedenken wir hier auf demselben Wege als Sieger einherzuziehen;
Napoleon und sein Heerestroß ist dann geschlagen und erlegen. Die
größte Fahne, die du in dem Zuge siehst, das war die Heeresfahne; in
jener Kirche wurde sie diese Nacht geweiht!" Der Ritter wies nach der
Marienkirche, dann gab er seinen Begleitern einen stummen Wink und
alle drei trabten davon. Gerhard sah ihnen nach, bis sie um die Biegung
der Mauer verschwunden waren. Den Kopf voll von den Erscheinungen,
kehrte er über die Mauer in das Schloß zurück.

Entgegen seiner Annahme hatte er in dieser Nacht einen gesunden
Schlaf. Als er am Morgen erwachte, blickte er sich befremdet in seiner
Kammer um. Es stand da alles noch am selben Platze und draußen
wiegte der alte, grüne Lindenbaum seine Zweige. Hatte er nur geträumt
vom König Chlodwig? Schlummerte der alte Held nicht schon viele
hundert Jahr in seinem Grabe? Und doch hatte er den Ring als Zeichen
des Geschehnisses! Mit einem freudigen Gefühl drückte er ihn an die
Brust, als wäre er ein lebendiges Wesen. Wie er in der hellen Morgensonne
funkelte! Wundersame Runenzeichen waren auf ihm eingeritzt
und Andeutungen von menschlichen Figuren. Gerhard nahm sich vor,
dem Pächter sein Abenteuer zu erzählen, aber nicht des Ringes Erwähnung
zu tun.

Der Pächter Dankhardt, der zu Zeiten mit seinen Leuten recht gemütlich
sein konnte, meinte lächelnd auf Gerhards Erzählung:

„Ja, wenn man so spät aus dem Wirtshaus kommt, kann man unter
Umständen noch tollere Sachen sehen; immerhin ist das ein seltsames
Begegnis. Und du' warst ganz nüchtern, als du die Erscheinung hattest?"

„So nüchtern wie ein Stück Holz, Herr Dankhardt!"

„Und du weißt bestimmt, daß du draußen nicht eingeschlafen bist
und die ganze Geschichte nicht geträumt hast?"

„Mit wachen Augen habe ich das Wunder gesehen."

„Sonderbar, sehr sonderbar! Wie ich dir schon einmal erzählte",
der Pächter nahm eine Prise, „hat König Chlodwig hier herum die
Alemannen besiegt. Ich entsinne mich auch von meiner Großmutter erzählen
gehört zu haben, daß dieser König von Zeit zu Zeit mit seinem
Hofzuge hier erschienen sein sollte und daß es mit der Kirdie am Hange
eine ganz eigene Bewandtnis habe. Sie selbst hat nicht einen Zipfel
von König Chlodwigs Rock gesehen, behauptete aber schon, einen Geist
gesehen zu haben* Ich weiß nicht, was daran ist, ich bin nicht geister-


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