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wir den Eindruck, daß sie nicht Worte und Namen, sondern Symbole
sind, daß sie nicht etwas bezeichnen, sondern etwas oft sehr Kompliziertes,
sehr Tiefliegendes andeuten wollen.
Die ältesten philosophischen termini technici, kosmologische Ausdrücke
bei den jonischen Naturphilosophen, Kunstworte bei den Pytha-
goräern, Kult- und Götternamen der Theologen, sind Symbole. Als
Pythagoras das Weltall Kosmos nannte, verwandte er ein Wort, weiches
Schmuck, Schönheit und Ordnung in gewisser abgeschlossener Vollendung
bedeutete für die Welt, in der er all dies sah. Aber er sagte nicht: die
Welt ist schön, sondern er setzte für sie ein Wort dieser Bedeutung, ein
Symbol.
Ein einzelnes Wrort taugt eben für gewöhnlich nicht zum Ausdruck;
enthält es jedoch einen Ausdruck schon in sich, dann ist es ein Symbol;
es dient dann nicht, wie die Zeichen, zur Unterscheidung, sondern zur
Verständigung.
Begreiflich ist nun die Erfindung neuer, immer mehr von der ursprünglichen
Symbolik abweichender, sich der bloßen Begriffsbezeichnung
annähernder Kunstworte. Aber die Geschichte dieser Terminologie zeigt
deutlich die Priorität der symbolistischen termini technici und der echten
Symbole, welche das eigentliche Rüstzeug der Mystik ausmachen.
In der Mystik spielt das Symbol nicht nur als Wortsymbol, sondern
auch seinem Buchstabenbilde nach eine bekannte und hervorragende
Rolle. Manche Worte werden insbesondere als Palindrome geschätzt,
als Gebilde, welche den Zauber binden und lösen, gegensätzliche Kräfte
und Richtungen in sich vereinigen und nach vorwärts und rückwärts
gesungen werden können.
Der Gesang enthält das rythmische Element in sich, und die Anordnung
der Symbole in rythmische Gebilde kennzeichnet neuerlich die
Mystik. Wir gelangen, wenn wir diesen Zug weiter verfolgen, dazu, eine
zweite Eigentümlichkeit altertümlicher Art des Philosophierens zu verstehen
: die metrische Form, wie sie uns in den Lehrgedichten des Par-
menides und Empedokles noch vorliegt und wie sie in der kosmologischen
und theologischen Dichtung, von Hesiod an bis zu ganz jungen Zeiten,
in vielen Anklängen sich forterhalten hat. Auch die metrische Darstellungsform
einiger der alten Philosophen geht also auf unsere Einheit
zurück.
Auch der Dialog ist eine altertümliche Form der philosophischen Darstellung
. Weil die Symbole im hellenistischen Altertum ihren Ursprüngen
noch näher standen und mehr als solche empfunden wurden, hielt man sich
auch noch mehr an sie und das, was ihnen entsprach. Nicht so sehr
die Lehre als das Wort, und später nicht so sehr das Wort als der
solche Worte prägnant verbindende, wieder aus terminis zusammengesetzte
Lehrsatz war der Kern, an welchen die Ueberlieferungen sich
ansetzten.
Die Form der Erörterung solcher Sätze oder Kunstworte nennen
wir noch heute Diskussion und sie ist der Ursprung des Dialogs, der in
seiner Verwendung einen innigen Zusammenhang seiner Form mit seinem
Inhalt, der Philosophie, zeigt. Doch dürfen wir uns den philosophischen
Dialog nicht aus der Beobachtung der Disputationen, welche jenem Zeitalter
der Sophisten so eigentümlich waren, entstanden denken. Denn
nie entspringen aus Nachahmung der Wirklichkeit Kunstformen. Auch
das attische Drama ist nicht aus der Beobachtung der Verkehrsform des
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