Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 228
(PDF, 140 MB)
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des Tempels Apollos auf dem Berge Soracte (in Großgriechenland). Um
die altitalische Göttin Feronia zu versöhnen, schritten sie mitten durch
Flammen und Gluten — freti pietate. In der Aeneide (VI, 785 ff.) betet
Arruns, der Camilla Mörder:

„Schutz des geweihten Soracte, der Ewigen höchster, Apollo,

Den wir zuerst anflehn, dem fichtener Brand in dem Stapel

Flammt und dem im Vertrauen der Frömmigkeit mitten durch Feuer

Auf viele glühende Kohlen wir Dienenden setzen den Fuß!"

In Bulgarien tanzen die Nistinaren am 21. Mai am Feste der
heiligen Helena und des hl. Konstantins auf den Kohlengluten mächtiger
Holzfeuer. Die Nistinaren sind katholische Schismatiker, die wunderbare
Gabe soll in ihren Familien erblich sein, ein Umstand, dem wir auch
bei den Feuergängern der wilden Völker begegnen werden. Während
des Tanzes werden die Nistinaren violett im Gesicht und sie fühlen das
Feuer erst, wenn ihr Gesicht wieder seine natürliche Farbe erhält.

Die Saludadores in Spanien machten im Laufe des 17. Jahrhunderts
viel von sich reden. Es waren römische Christen, welche
Wunden durch Anfühlen heilten und Feuer berührten, auf glühenden
Kohlen gehen und mitten durch brennende Scheiterhaufen schreiten
konnten, so zwar, daß man sich ihrer bei Feuersbrünsten bediente.
Auch bei den Saludadores soll die Gabe in der Familie erblich gewesen
sein. Merkwürdigerweise war diese „Zauberei" von der Inquisition gestattet
. Die Herzogin Medina Sidonia hielt dies für einen Beweis der
Wahrheit des katholischen Glaubens und da sie den Lord Marishai *)
überzeugen wollte, lud sie ihn ein, der Vorstellung der Saludadores beizuwohnen
. Dieser aber bestand darauf, das Feuer selbst anzuzünden,
und hierein wollten die Spanier, da der Graf ein Ketzer war, nicht
willigen.

Ueber die Vornahme des Feuerganges als religiöse Zeremonie in
Indien, Japan und auf den Inseln Polynesiens liegen uns beglaubigte
Berichte aus der neuesten Zeit vor. So erzählt Andrew Lang in den
Proceedings (15. Bd. 1900—1901) einen interessanten Fall dieser Zeremonie
, der eine Menge Europäer als Zuschauer angewohnt haben. Das
merkwürdige Schauspiel fand in den Straits Settlements (engl. Besitzungen
auf der hinterindischen Halbinsel Malakka) statt. Die Feuergänger
waren südindische Kulis, welche durch einen „Teufelsdoktor" (kein
Brahmine) vorbereitet wurden. Der Gang lag in einem Graben, der 20
Ellen lang, 6 Fuß breit und 2 Fuß tief war. In seinem Bett waren
glühend rote Scheite angehäuft. Die Leute, welche mit langen Stangen
diesen Pfad ebneten, konnten der Hitze nicht länger als eine Minute
lang standhalten. Sechs Kulis durchschritten den fürchterlichen Graben
und keiner zeigte darnach die geringste Verletzung! Genau denselben
Verlauf hatte ein Feuergang, den indische eingewanderte Kulis auf Trinidad
(Britisch West-Indien) am 14. Sept. 1896 vorgenommen hatten.
(Siehe die oben genannten Proceedings.)

Dr. Pascal, Sekretär der theosophischen Gesellschaft von Frankreich
erzählt die religiösen Zeremonieen, welchen er 1898—1899 zu Benares
angewohnt hatte. Wiederholt wurde von ihm und den anwesenden
Europäern der Feuergang gesehen, der von „Bändigern des Feuers"
unter Führung eines Brahminen ausgeführt wurde. In einem Falle schritten

*) Keith, gewöhnlich Lord Marishai genannt, starb 1778 in seinem Landhaus
bei Sanssouci, er war 1759 Gesandter in Madrid. P.


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