Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 270
(PDF, 140 MB)
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Aber auch diese werden merkwürdigerweise wenig gelesen, das große
Publikum weiß soviel wie nichts davon. Doch sagt ein Indolog mit
Recht: „Für das Studium des Menschen oder der indogermanischen
Menschheit kommt nichts in der Welt dem Veda an Wichtigkeit gleich.
Die Vedas können uns Lehren geben, die wir sonst von keiner Seite her
empfangen können." Schon Schopenhauer wies auf den unschätzbaren
Wert dieser Schriften hin und glaubte, daß die Kenntnis derselben im
Abendlande gleichbedeutend sein würde mit der der griechischen und
römischen Schriftsteller, welche die sogenannte Renaissance zur Folge
hatte. Ferner schreibt er: „Aus jeder Seite treten uns tiefe, ursprüngliche
erhabene Gedanken entgegen, während ein hoher und heiliger Ernst
über dem Ganzen schwebt. Alles atmet hier indische Luft und ursprüngliches
, naturverwandtes Dasein. Und wie wird hier der Geist rein gewaschen
von allem, ihm früh eingeimpften jüdischen Aberglauben und
aller diesem fröhnenden Philosophie! Es ist die belohnendste und erhebendste
Lektüre, die auf der Welt möglich ist; sie ist der Trost meines
Lebens gewesen und wird der meines Sterbens sein/'

Der Schriftsteller G. Brandes weist darauf hin, daß das metaphysisch
so hoch begabte Volk der Inder im Abendlande am meisten
Sympathie in Deutschland gefunden hat. Denn „das große, dunkle,
traumreiche und gedankenvolle Deutschland ist in Wirklichkeit ein
modernes Indien". Und Professor Deussen, einer der hervorragendsten
Indologen der Gegenwart, macht wiederholt aufmerksam auf die Ueber-
einstimmung der Lehre der Upanishaden mit dem Resultat der Kantischen
Philosophie.

In jedem Falle haben diese ältesten Urkunden des Menschengeschlechts
ein Anrecht auf die Teilnahme eines jeden Menschen, besonders
eines jeden Ariers. Ihr erhabener Inhalt scheint die Annahme
zu bestätigen, daß sich das Menschengeschlecht heute in einem Zustande
der Dekadenze befindet, daß also nicht Evolution stattgefunden hat,
sondern daß im Gegenteil der Mensch reiner, vollkommener, einfacher
und wahrer als heut aus der Hand Gottes hervorging. Dies würde ja
auch mit den Zeugnissen der Bibel übereinstimmen.

Betrachten wir nun näher die gemeinsamen Momente der indischen
und der christlichen Mystik. Das Wort Mystik ist von dem griechischen
Zeitwort myein abgeleitet und bedeutet: „verschließen" und zwar namentlich
den Mund und die Augen. Mysterien nannte man die religiösen
Geheimfeiern, die in Griechenland, Rom und Aegypten begangen wurden.
Um das Höchste, Gott selbst oder das Eine zu „schauen" muß man die
leiblichen Augen schließen und sich losmachen von allem Irdischen.
Die Lehre der ägyptischen Mysterien lautete, daß im Menschen zwei
Paar Augen seien, und daß es erforderlich sei, daß das Paar, das unten
ist, geschlossen sei, wenn das Paar, das über ihm ist, zum Sehen geöffnet
ist; und daß, wenn das Paar oben geschlossen sei, das unten geöffnet
sein müsse.

Doch ist der Ausdruck „schauen und sehen" nur symbolisch zu
verstehen, es ist eine andere Art zu sehen, eine Ekstase und völlige
Versenkung in das Eine, das dann plötzlich dem selbst sonnenhaft gewordenen
Auge der Seele aufleuchtet.

Die Voraussetzung aller Mystik ist ein geheimnisvoller Wesenszusammenhang
des Menschen mit der alle Begriffe übersteigenden Gottheit
. Daher scheuen sich die Mystiker im Gegensatz zur Orthodoxie
"Gott scharf zu definieren. Jedenfalls bedeutet für sie die höchste Gott-


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