Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 281
(PDF, 140 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1908/0288
— 281 -

Am nächsten Morgen ging er zu seines Vaters Herde und nötigte
ein Lamm, einige von den Beeren zu fressen; das Lamm sprang hierauf
davon und fiel bald nachher tot nieder. Sodann kochte Morven eine
gute Portion von den Beeren, vermischte den Saft mit Wein und gab
den Wein heimlich einen von seines Vaters Knechten zu trinken und
der Knecht starb.

Nun ging Morven zu dem Könige, und als er allein vor ihn gelassen
wurde, sprach er zu ihm: „Wie befindet sich mein Herr?"

Der König saß auf einem Lager aus Wolfsfellen und sein Auge
war gläsern und trübe; aber gewaltig waren seine betagten Glieder,
riesenhaft seine Gestalt und er war um einen Kopf höher gewesen denn
die Kinder der Menschen, und niemand vermochte den Bogen zu spannen,
den er in seiner Jugend gespannt hatte. Grau, hager, verkommen, wie
jene riesigen Knochen, die bisweilen aus dem Schöße der Erde gegraben
werden, war der König nur noch ein Ueberrest alter Kraft.

Und der Fürst sagte mit schwacher Stimme und geisterhaftem
Lächeln: „Männern von meinem Alter geht es schlimm. Was hilft mir
meine Kraft? Lieber wäre ich als ein Krüppel geboren, wie Du, dann
dürfte ich in meinen alten Tagen nichts betrauern."

Eine Röte flog über Morvens Gesicht, aber er verbeugte sich demütig.

„0 König! — wie, wenn ich Dir Deine Jugend zurückgeben —,
wie, wenn ich Dir jene Kraft zurückgeben könnte, wodurch Du Dich
vor den Söhnen der Menschen auszeichnetest, als die Krieger von Alerich
gleich dem Grase durch Dein Schwert fielen?"

Der König erhob seine verdunkelten Augen und sagte: „Wie meinst
Du, Sohn Oßlahs? Ich höre viel von Deiner großen Weisheit und daß
Du nächtlicherweile mit den Sternen sprichst. Können die Götter der
Nacht Dir das Geheimnis mitteilen, das Alte wieder jung zu machen?"

„Versuche sie nicht durch Zweifel," erwiderte Morven ehrfurchtsvoll
. „Alle Dinge sind den Beherrschern der finstern Stunde möglich,
und siehe! der Stern, welcher Deinen Diener liebt, sprach zu ihm in
der Stille der Nacht: „„Stehe^auf und gehe zu dem Könige und sage ihm,
daß die Sterne den Stamm von Oestrich ehren und daran denken, wie
der König seinen Bogen spannte gegen die Söhne von Alerich; daher
sieh nach unter dem Steine, welcher rechts von deiner Wohnung —
gerade neben dem Tannenbaume — liegt, und du wirst ein irdenes Gefäß
finden und in dem Gefäße einen süßen Saft; dieser wird dem König,
deinem Herrn, sein Alter für immer vergessen machen."" Ais nun der
Morgen anbrach, mein Herr, da ging ich hinaus und sah nach unter
dem Steine und fand das irdene Gefäß, und ich habe es hierher zu
meinem Herrn, dem Könige, gebracht."

„Schnell, Sklave, schnell! Ich will davon trinken und meine Jugend
wieder erlangen!"

„Nein, höre, o König! Der Stern sprach weiter zu mir: „„Nur bei
Nacht, wenn die Sterne Gewalt haben, wird diese Gabe etwas nützen;
daher muß der König warten bis zur Stille der Mitternacht, wenn der
Mond hoch am Himmel steht, dann mag er den Saft mit seinem Weine
mischen. Aber er darf es niemand offenbaren, daß er die Gabe aus der
Hand des Dieners der Sterne empfangen hat. Denn sie tun ihr Werk
im Verborgenen und wenn die Menschen schlafen, daher lieben sie nicht
das Geplapper der Mäuler, und der, welcher ihre Wohltaten nicht verschweigt
, wird sicherlich sterben.""


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1908/0288