Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 292
(PDF, 140 MB)
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2. Was ist das 3ch?

Von Wilhelm Ernst Fiedler.

Unter einem Ich ist eine Einzelheit, also der Teil einer Masse und
Menge, dabei aber auch eine gewisse Sonderheit, d. h. eine von der
Gesamtheit abweichende Eigenart zu verstehen. Das erstere, mechanisch
gebildete Ich heißt Persönlichkeit, das letztere, qualitative Eigenschaften
besitzende nennt man Individualität.

Zu den ersteren Arten kann schon das aus dem Meereswasser
herauskristallisierende Salzkorn gerechnet werden. Allerdings ist ein
solches nur eine chemisch-mechanisch gebildete Persönlichkeit, da die
einfache Auflösung im Wasser genügt, um das Persönlichkeitsgebilde
verschwinden und zu einem formlosen Massenteil werden zu lassen.

Wie entsteht dieses mechanisch gebildete „Ich"? Die übersättigte
Salzlösung scheidet die nicht mehr als Lösung zu erhaltende Masse aus,
und nachdem sich an einem Punkte eine Ansatzstelle gebildet, folgt die
Anziehung weiteren niederschlagsfähigen Stoffes. Dieses Konzentrieren
an einem Punkte ist die Zeugung der mechanischen Persönlichkeit.

Gleichwohl wirkt bei diesem Kristallbilden noch ein anderer Umstand
mit. Sind nämlich in einer Salzlösung verschiedene Salze enthalten
, so werden die schwachen und erdigen Salze zuerst und dann
der Reihe nach die schärferen ausgeschieden. Man kann sagen, es
werden aus der Mischung erst die gröberen, roheren und dann in naturgesetzlicher
Folge die feineren, eigenartigeren Kristallvölker ausgeschieden
und gebildet. Auf diesem Gesetz beruht auch die Schichtung der Salzlager
in den Salzbergwerken.

Die Vorbedingung zu dem stufenweisen Absondern liegt nun in
der qualitativen Verschiedenheit der Salze. Ein jedes hat bestimmte
chemische Eigenschaften, bestimmte Fähig- und Empfänglichkeiten, Wirksamkeiten
und Zusammensetzungen. Das nennt man in Bezug auf die
Masse eine Qualität, in Bezug auf die Gebilde eine Individualität.

Also die gesamte Kristallwelt wird nach Masse und Qualität, die
Kristallgebilde werden nach Persönlichkeit und Individualität unterschieden.
Ein Kochsalz ist von einem Glaubersalzkristall nicht bloß der Persönlichkeit
(Form), sondern auch der Individualität (innerliche Eigenschaft)
nach verschieden. Wir haben hier schon eine äußerlich persönliche und
eine innerlich individuelle Seite des Ichs.

Nun kann man ein Salzkristall so oft auflösen und wieder kristallisieren
lassen als man will. Da das Auflösen dem Tode, das Kristallisieren
der Zeugung der Persönlichkeit gleicht, da ferner bei jeder neuen
Ausscheidung die Einzelteile immer wieder sich anders zu Körpern zusammensetzen
, also immer wieder andere Persönlichkeiten bilden, so ist
die mechanische Anordnung und Bildung dem Vernichtetwerden bestimmt.
Hier kann noch von ewigem Wandel und ewiger Neubildung geredet
werden.

Doch schon hier findet dieses „Ewige" einen Rahmen, eine Grenze,
ein Halt. Wir sahen vorher, die Ausscheidungen der Mischungen erfolgten
nach gesetzmäßig festgelegten Stufen; die Freiheit der Persönlichkeitsneubildung
hat eine Grenze in der qualitativen Artung. Innerhalb
des Gleichen besteht die Auswechselung, außerhalb desselben herrscht
das Gesetz der zwangsmäßigen Einordnung. Die Persönlichkeitsbildung ist
zwar frei, aber sie ist nid)t dauernd, die Tndividualitätsbildung ist dauernd, aber sie
ist nidrt frei. Das persönliche Ich in der Kristallwelt stirbt und verschwindet,


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