Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 305
(PDF, 140 MB)
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— 305 —

jenem deutschen Micheltum brechen, das in demütiger Selbstbescheidung
alles Gute immer jenseits der Grenzpfähle sucht und selbst das Eigene
nur gutheißt, wenn es den Zensurstempel des Auslands trägt. Unserer
Heimatsmüdigkeit, welche nur die Schönheiten der Ferne schätzt, das
Heimische aber geringachtend übersieht, möchte ich die Begebnisse
jener Germanenfahrt des Jahres 279 vor Augen halten, von der ein paar
Sätze in der Geschichte des Zosismus und im Panegyrikus des
Eumenius dürftige Kunde geben: „Kaiser Procus siedelte etwa 2000
gefangene Franken in Thrakien am Pontus Euxinus an. Nach kurzer Zeit
aber wurden die Ansiedler von Heimweh erfaßt. Sie bemächtigten sich
einer Flotte, die in einem Hafen lag, segelten durch den Bosporus und
Hellespont, setzten ganz Griechenland, dessen Küsten sie plünderten,
in Schrecken, landeten auch in Afrika, wo sie aber durch die aus Karthago
herbeigeführten Truppen zurückgetrieben wurden, nahmen endlich Syrakus
ein, schifften in den Ozean und gelangten heim, ohne sonderlichen Verlust
erlitten zu haben." Die kühne Fahrt erregte die Bewunderung der
ganzen römischen Welt. Sie verdient ein treues Gedenken um so mehr,
als keine Schrift die Namen der tapferen Männer nennt, die nicht wie
die Wikinger auf das Meer hinausfuhren, um ein neues Vaterland
zu suchen, sondern um das alte wiederzusehen und auf heimischer Erde
zu sterben. Was sie auszeichnet, das ist nicht ihr reckenhafter Sinn —
davon weiß die deutsche Geschichte auf anderen Blättern noch besseres
zu melden —- sondern allein ihre deutsche Sehnsucht, ihr starkes Heimatsempfinden
. Gestützt auf die ereignisreiche und produktive Vergangenheit
unseres Volksstammes wollen wir es lernen, mit Stolz unserer Ahnen
zu gedenken. Möge unsere frohe Dankbarkeit sich in dem Bestreben
äußern, die deutsche Art hoch und heilig zu halten.

*

Das Zeichen der gegenwärtigen Zeit ist die Uebermensch-Manie,
die Ichtracht, die individuelle Gesetze schaffen will; aber auch sie unterliegt
der Polarität. Die Dreieinigkeit unseres Ich (Intuition — Instinkt
— Intellekt) war schon den alten germanischen Druiden bekannt. Sie
verlegten daher ganz richtig das instinktive Naturfühlen in die Erdwurzeln
der Iggdrasil, wo der böse Drache Neidjegr haust, die intuitive Gesetzesahnung
in den Himmelswipfel Sagar, wo der weltüberschauende Götter-
Aar thront, und bevölkerte den Stamm der Weltesche mit fünf Hirschen
(Totentieren), welche die sterblichen fünf Sinne des Selbstbewußtsseins
andeuten. Die bösen Begierden von unten trägt das Eichhorn Ratatuister
herauf, die guten von oben spendet die Methziege Heidrun. So ist der
Mensch ein Zwittergeschöpf zwischen Natur und Gesetz, zwischen böse
und gut. Und mit Recht nannten die „Teutschen" sich nach ihrem von
Tazitus überlieferten Zweiseelenahnen Teut oder „Tuist", den Simrock
mit „Zwist" übersetzte.

Betrachten wir zunächst die Sittlichkeit gebietenden Aeußerungen
der Ichtracht innerhalb der Ehegrenzen. Wir müssen Ellen Key zustimmen
, daß ein gewisses Selbstbewußtsein zur eigenen Höherentwickelung
notwendig ist. Nur aus der Selbstachtung erwächst der Pflichtzwang
sein Ich zu erweitern. Einen solchen Trieb, sich zu verbessern, dem
eigenen Empfinden und dem der anderen zur Freude, heiße ich gesunde
und vernunftgemäße Ichtracht. Anders ist die Sucht, die überall, auch
in sexueller Gemeinschaft nur das ihre sucht. Sie hat etwas krankhaftes
und ist nur zu häufig das Ergebnis einer durch unser prüdes Verschleierungssystem
hervorgerufenen Spannungssteigerung. Ihr kann man

Zentralblatt für Okkultismus. Jhrg. IL 20


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