Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 466
(PDF, 140 MB)
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schwerste Anklage, welche M. Miller bisher getroffen hat, — doch zu
einer endgültigen Verurteilung des Mediums fehlen auch ihr die zwingenden
Beweise. Wenn aber die skeptische Welt vergebens auf den
Gegenbeweis Millers warten muß, dann ist es wahrhaftig nicht zu verwundern
, daß die Zeit diese Verdachtsgründe wie mit Bleigewichten erschweren
wird. M. Miller muß dem Rate seiner guten Freunde folgen
und sich einem wissenschaftlichen Komitee stellen, wenn nicht, ist es
um seine Sache vor dem Richterstuhl der unerbittlich strengen Wissenschaft
schlecht bestellt. Wohl hat das berühmte Medium auch Verteidiger
gefunden in dieser schweren Zeit: keine geringeren als Gabriel
Delanne und Papus, zwei anerkannte Autoritäten der spiritistischen
Welt sind für Miller eingetreten und haben zum Teil in sehr scharfer
Weise die Angriffe C. de Vesme's abgewiesen. Die Verteidigung bringt
keine neuen entscheidenden Punkte; sie weist im Wesentlichen auf die
Beobachtungen der übrigen Teilnehmer hin, welche doch ebenfalls ein
Urteil haben. Papus nennt Vesme's Erklärungsversuche kindlich. So
steht Behauptung gegen Behauptung — und wie ^chon wiederholt erwähnt
— die Entscheidung kann nur M. Miller selbst bringen. Wir
können in seinem Interesse und in jenem der Wissenschaft nur wünschen,
daß dies bald geschieht 1

Interessant sind die Bemerkungen, welche der bekannte Dr.Marzorat i
zu den Ausführungen M. de Vesme's und M.Denis macht:*) „Selbst die
Tatsache, sagt er, daß der Betrug vor langer Hand vorbereitet ist, kann
nicht immer eine sichere Grundlage für die Verantwortlichkeit bilden,
sobald es sich um einen anormalen und pathologischen Organismus,
wie den eines Mediums, und um andere Tatsachen handelt, auf welche
die Hypothese des Betruges nicht anwendbar ist. Wohin kämen wir
mit der posthypnotischen Handlung und mit der Vervielfältigung der Persönlichkeit
, die oft einander feindselig gesinnte Gestalten zeigt, welche
im Widerspruch miteinander sind?"

Vesme's Schlüsse, sagt Dr. Marzorati, sind auf negativen Gründen
aufgebaut; wir können sie daher nicht annehmen und ziehen es vor,
zwingendere Erfahrungen abzuwarten. Bezüglich Denis weist Dr.
Marzorati darauf hin, daß man es begreifen kann, daß er das Publikum
warnt, nachdem er soviel dazu beigetragen habe, es in den Betrug hineinzuziehen
. Indes sagt Marzorati, seine Empörung, wie sein vorhergehender
Optimismus erinnern mehr an einen Apostel, als an einen Gelehrten.

Dr. Marzorati schließt: Machen wir aus dem Medium keinen Heiligen
und keinen Wundertäter und verlangen wir von ihm nicht jene Ueber-
legenheit, die zuweilen uns selbst fehlt; hüten wir uns, es zu hoch zu
schätzen um der Fähigkeiten willen, von denen es weder völliges Bewußtsein
noch Verdienst hat; hüten wir uns auch, es der öffentlichen
Verachtung preiszugeben, wenn es fällt oder auf betrügerischen Wegen
betroffen wird. Keines der großen Medien ist frei von der Sünde der
SimulationI Diese Uebereinstimmung ist schrecklich und eindrucksvoll:
gibt es also ein geheimes Gesetz der Ausgleichung, das in demselben
Maße nimmt als gibt und die Wahrheit nur aufblitzen läßt, um uns
desto leichter auf Irrwege ziehen zu können? So würden die Priester
sagen, aber wir glauben es nicht; wir müssen erst sehen, fühlen, studieren,
ehe wir uns darüber äußern; wir müssen erst noch mehr in den Mechanismus
des Irrtums eindringen!

*) „Luce e ombra", Februar 1909.


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