Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
2.1908/9
Seite: 539
(PDF, 140 MB)
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handen, waren also für die junge Erde noch nicht da, sie waren sozusagen
durch einen Schleier der Erde gegenüber verhüllt, gleich wie
dem rein intellektuellen Verstände die künftigen Geschehnisse — welche
in Wirklichkeit schon da sind — durch den Schleier der Maya (der dreidimensionalen
Erscheinung) verhüllt sind.

Zuweilen wird es dem einen oder dem andern für kurze Momente
vergönnt, direkt einen Blick hinter diesen Schleier in das zeitlose Sein
gelangen zu lassen. Und es geschieht dann ein direktes Schauen in
solchem Zustande, wenn die wahre unsterbliche Wesenheit des Menschen
von dem Bande des stofflichen Körpers gelockert ist. Die Geschichte
kennt viele solcher Vorkommnisse, von denen hier nur an zwei erinnert
werden mag. Goethe erzählt aus seinem Leben:1)

„Ich sah nämlich nicht mit den Augen des Leibes, sondern
des Geistes, mich mir selbst denselben Weg zu Pferde wieder entgegenkommen
und zwar in einem Kleide, wie ich es nie getragen:
es war hechtgrau mit etwas Gold. Sobald ich mich aus diesem
Traum aufschüttelte, war die Gestalt ganz hinweg. Sonderbar ist
es jedoch, daß ich nach acht Jahren in dem Kleide, das mir geträumt
hatte und das ich nicht aus Wahl, sondern aus Zufall gerade
trug, mich auf demselben Wege fand."
Und Schopenhauer schreibt:2)

„An einem Morgen schrieb ich mit großem Eifer einen langen
und für mich sehr wichtigen englischen Geschäftsbrief; als ich die
dritte Seite fertig hatte, ergriff ich statt des Streusandes das Tintenfaß
und goß es über den Brief aus; vom Pult floß die Tinte auf
den Fußboden. Die auf mein Schellen herbeigekommene Magd
holte einen Eimer Wasser und scheuerte damit den Fußboden, damit
die Flecke nicht eindrängen. Während dieser Arbeit sagte .sie
zu mir: „Mir hat diese Nacht geträumt, daß ich hier Tintenflecke
aus dem Boden ausriebe". Worauf ich: „Das ist nicht wahr". Sie
wiederum: „Es ist wahr, und ich habe es nach dem Erwachen der
anderen mit mir zusammenschlafenden Magd erzählt". — Jetzt
kommt zufällig diese andere Magd, etwa 17 Jahre alt, herein, die
scheuernde abzurufen. Ich trete der Eintretenden entgegen und
frage: „Was hat die da diese Nacht geträumt?" —- Antwort: „Das
weiß ich nicht". — Ich wiederum: „Doch! sie hat es dir ja beim
Erwachen erzählt". — Die junge Magd: „Ach ja, ihr hatte geträumt
, daß sie hier Tintenflecke aus dem Fußboden reiben würde".
Und weiter fährt Schopenhauer fort:

„Die Geschichte, welche, da ich mich für die genaue Wahrheit
derselben -verbürge, die theorematischen Träume außer Zweifel
setzt, ist nicht minder dadurch merkwürdig, daß das Vorhergeträumte
die Wirkung einer Handlung war, die man unwillkürlich nennen
könnte, sofern ich sie ganz und gar gegen meine Absicht vollzog
und sie von einem ganz kleinen Fehlgriff meiner Hand abhing;
demnach war diese Handlung so strenge notwendig und unausbleiblich
vorher bestimmt, daß ihre Wirkung mehrere Stunden vorher
als Traum im Bewußtsein eines anderen dastand. Hier sieht
man aufs deutlichste die Wahrheit meines Satzes: Alles, was geschieht
, geschieht notwendig."

*) Siehe „Aus meinen Leben, von Wolfgang von Goethe". 3. Teil, 1. Buch. S. 39.
3) „Parerga und Paralipomena* I, 270.


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