Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 40
(PDF, 134 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1909/0047
Als ich die Straße betrat, streifte ein mächtiger Hageisturm mit
blinder Gewalt mein Gesicht. Ich zögerte einen Augenblick, dann zog
ich den Kragen meiner Jacke hoch und wandte meine Schritte instinktiv
nach dem Regent-Park, in dem die gefrorene Fontäne einem Geist glich,
der, von ächzenden Zweigen verdeckt, dem eisigen Winde fröstelnd und
starr preisgegeben war.

Ich befand mich im Zustand vollständiger Willenlosigkeit. Obgleich
des geringsten Antriebes nicht bewußt, eilte ich dennoch vorwärts.

Geist, Wille, Impuls, wie man es nennen mag, welche mich in den
Sturm hinaus sandten, trieben mich ohne Zögern entschlossen weiter.
Ich kehrte zurück und schritt schnell durch die düstere, geräuschvolle
Menge, die Bondstreet entlang.

Mit einem Male erinnerte ich mich der Winter-Ausstellung und
entschloß mich, einen Augenblick hinein zu gehen. Mein Gesicht brannte
vor Kälte und meine Augen schienen durch Wind und Schnee blind
geworden.

Ein warmes Licht strömte in die Dämmerung hinaus und ich fühlte,
daß mich eine lockende Gewalt nach den Türen drängte.

Eine eigentümliche Freude, ein ruhiges, unbeschreibliches Empfinden
umfing mich, als ich eintrat. Ich stieg langsam die breite zu den
Gallerien führende Treppe empor, weder Bilder noch Leute beachtend.

Eine eigene Ruhe hatte sich auf diese Stätte gesenkt, jene Ruhe,
welche ich stets mit einem gewissen Unwillen bei Ausstellungen beobachte
und mich wundere, weshalb eigentlich die Leute immer flüstern
und so begräbnishaft und furchtgebannt dreinschauen.

Ich wünschte sehnlichst, daß jemand lachen oder aufschreien möchte,
einen Gegenstand fallen lassen würde, nur um die unheimliche, lauernde
Stille zu brechen.

Als ich die Hauptgallerie betrat, stand ich gleichfalls regungslos,
wie durch Zauberspruch gebannt, der mich mit Weihe und unaussprechlichen
Empfindungen der Ehrfurcht durchdrang. Die Gedanken selber
traten in den Hintergrund und ich war meiner Umgebung scheinbar
unbewußt, unbewußt der Leute, der Bilder, des Lichtes, der Kälte oder
irgend welcher Zustände, welche etliche Augenblicke zuvor mein Bewußtsein
beherrschten.

Gerade gegenüber dem Quereingang, der Besucher mußte gerade
darauf stoßen, erblickte ich das Bildnis einer Dame in Lebensgröße.

Es war eine Studie in Weiß.

Das Antlitz war wunderbar schön und stark; in den weitgeöffneten
klaren, grauen Augen, den feingeformten rosenfarbenen Lippen lag aber
etwas Mystisches. Die herrliche braune Haarmasse schien in magnetischer
Vibration zu erzittern, eine Masse, welche, lose zurückgeworfen, in lebensähnlicher
Verlassenheit wogte. Herrliche graue, wohlgeformte Augen
hoben sich in violettem Schimmer unter der weißen Stirne von sanften,


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