Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 135
(PDF, 134 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1909/0142
135

der meinen. Ihre Glorie und das selige Verzücken, das mir durch alle
Adern schlich, ist mit nichts zu vergleichen, was einem Menschen offenbar
geworden wäre, wovon er sprechen dürfte. Ein gewaltiger Zauber
hielt mich in Bann, als sei ich in Stein verwandelt. Ich war unfähig
ein Glied zu rühren oder zu sprechen. Das Gewicht der Ewigkeit und
die Stille vergessener Zeiten schien plötzlich auf mir zu lasten.

So stand sie vom Himmelslicht umflutet mit ausgestreckten Armen
als plötzlich, wie von Ferne, der gedämpfte Schlag der Uhr erklang, dem
ein Stimmengewirr, Türöffnen und die Stimme Daniels folgte:

„„Ach — Herr — — die Dame besteht darauf--ein Rauschen
seidener Röcke, Ausrufe des Erstaunens, der Heftigkeit — ein Zuschlagen
der Türe — alles unterdrückt, unbestimmt, wie ein Traum."

Der Schein dieser herrlichen Augen stahl sich wie Sonnenstrahlen
in das innerste meiner Seele und die sanfte Musik ihrer Stimme
schwoll an und erstarb gleich dem Flüstern des Nachtwindes in Blütenbäumen
.

Nun erklang ein anderes Stimmengewirr. Schmerzhaft fühlbar
der Diskord in dieser weihevollen Stunde.

Heftig wurde die Türe aufgestoßen und laute Mißtöne hörbar: „Ich
weiß, daß meine Frau hier ist, ich sah sie hineingehen. Ich beobachtete
sie und habe Zeugen hier zu — —Der Satz blieb unvollendet.

Die herrliche Gestalt schwebte vom Tischende zu mir und verweilte
einen kurzen Augenblick an meiner Seite; sie kam so nahe, daß
eine Welle dieses Lichtgebildes der Liebe mich sanft berührte, daß mich
eine süße Qual erfaßte, welche den Bann, der mich machtlos und dumpf
gefeßelt hielt, brach. Wieder erklang die rohe Stimme:

„Ein fataler Irrtum — tausendmal Verzeihung — werde Sie morgen
sprechen." Dann schlug die Tür mit Geräusch in die Angeln. Brennender
Zorn und Scham in meinem Herzen, stand ich vor ihr und mußte
mich für einen Augenblick von diesem edlen, reinen Antlitz abwenden;
als ich meine Blicke erhob, war sie gegangen, gegangen wo die Engel
sind, und ich halte mit Liebe am Glauben, daß sie mich erwartet. Seit
dieser Zeit ist eine Veränderung mit mir vorgegangen; das Leben hat
eine andere Bedeutung für mich gewonnen. —

Ich sprach nichts, kaum daß ich zu atmen wagte, um nicht die
Verfassung, welche ihn zwang, mir diese wunderbare, unerklärliche Be-
begenheit anzuvertrauen, zu stören.

Das war also der Grund, der mysteriöse Grund, von Ellis' plötzlicher
Veränderung zum Guten. Ich frage mich, ob der gleiche Grund nicht
mehr Männer in irgend einer kritischen Stunde ihres Lebens bewahrte,
einer Stunde, da Unehre an der Schwelle steht und die herrliche Geisterscheinung
einer geliebten Toten von der Welt jenseit der Wolken
leuchtend und lieblich mit sanfter Glorie an seine Seite tritt, indem sie
diese Glorie wie einen Nebel weißer Sterne in sein Schattenleben schüttelt.


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1909/0142