Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 136
(PDF, 134 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1909/0143
Adela war stets von einer sanften Mystik umgeben gewesen. Dessen
mußte ich gedenken, als mir Ellis die Geschichte erzählte, und zu dieser
Nacht jagten geisterhafte Gebilde durch meine Träume, jenes ruhelosen
Geistes, welcher nicht eher den Himmelsfrieden finden konnte, bis er
auf Erden seine letzte, süße Pücht erfüllt hatte.

Hier aber setzt der eigentümlichste Teil der Geschichte ein, welcher
mich Tag und Nacht verfolgt und in Staunen hält, verwundernd und
hülflos zugleich, angesichts einer Mystik, so undurchdringlich wie die
Mystik des Todes.

Als mich Ellis diesen Abend verließ, verabredeten wir, am folgenden
Tag in der Akademie an Adeles Bild zusammenzutreffen. Das Verlangen
es wiederzusehen, vor demselben noch einmal zu stehen und in
seiner überirdischen Schönheit zu verweilen, verfolgte mich und erfüllte
mich mit Ungeduld und Unruhe, und es schien, als würde die Stunde nie
herannahen.

Als sie gekommen war und ich hastig die Stüfen zum Saale erstieg
, wartete Ellis bereits meiner. Sein Angesicht war blaß und Enttäuschung
lag in seinen Zügen, und als er sprach, war es in einer sanften,
flüchtig-flüsternden Art, wie wir wohl in der Gegenwart der Majestät des
Todes zu sprechen pflegen.

„Das Bild, das wir vergangene Nacht sahen, ist heute nicht mehr
hier. Der Raum ist mit einer anderen Leinwand ausgefüllt und die Aufseher
wissen für bestimmt, daß kein Bild weggenommen noch eine Auswechslung
irgendwelcher Art vorgenommen worden sei."

Wortlos blickten wir einander an und saßen auf einem Divan in
der Dämmerstille des Ortes nieder, und es schien uns, als ob ein Grab
entweiht worden sei.

In eignen Gedanken und ernster Verwirrung vertieft, hatte ich die
Nähe des Mannes vergessen, als er zu sprechen begann; ich blickte ihn
an und bemerkte, daß Enttäuschung und Schmerz aus seinem Antlitz
entwichen waren. Langsam, im Tone mit vollkommenster Sicherheit,
vollkommenen Glaubens sprach er:

„Sie ist zweimal zu mir gekommen und sie wird wiederkommen —

Und nun weiß ich es, daß sie es wird — daß sie wieder und wieder
zu ihm kommen wird, solange er lebt; denn ich glaube, daß sich im
Herzen eines jeden Mannes eine große, weiße Nische befindet, und wenn
eine Frau, herrlich und wahr, ihren Weg dahin bis zum Beginn findet,
sie diese für immer ausfüllen wird, indem sie etwas von ihrer eignen
Reinheit und Güte hinaussendet. Wenn die rechte Frau nicht ihren Weg
dahin findet, flattert eine leichte Liebe nach der anderen schmetterlingsartig
zu der Herzensnische, rastet da auf ein oder zwei Stunden, indem
sie etwas Süßigkeit, ein wenig vom Glauben und Zutrauen des Herzens
hinwegnimmt und es so seiner besten Schätze beraubt - es kahl und
leer zurückläßt.


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