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Fernwirkung, wie sie bei der Eusapia Paladino auftreten, genau kennt
und sich über deren Wert ein bestimmtes Urteil gebildet hat. Und dieses
Urteil geht dahin, daß sie alle miteiander nicht viel taugen, weil sie der
Betrügerei Tür und Tor öffnen, und dass sie das Ansehen der S. P. R.
schädigen würden, wenn diese Gesellschaft die Beschäftigung mit jenen
Phänomenen in ihr Arbeitsprogramm aufnehmen würde. Dies sind aber
genau die Anschauungen, die Myers zu Lebzeiten immer vertreten hat.
Und das Gleiche gilt von Gurney. Noch mehr als bei den automatischen
Skripten von Mrs. Holland aus ihrer früheren indischen Periode steht
man beim Lesen ihrer Skripten aus dieser späteren englischen Periode
unter dem Eindruck, daß hierbei die verstorbenen Forscher Myers und
Gurney inspirierend mitgewirkt zu haben scheinen; ein Eindruck, dem
sich auch Miß Johnson — wie aus ihrem Bericht hervorgeht — nicht ganz
entziehen kann, trotz der ihr von der S. P. R. zur Pflicht gemachten Vorsicht
und Zurückhaltung inbezug auf diese gewagte Hypothese.
Wie vorsichtig man in dieser Hinsicht gerade bei Mrs. Holland sein
muß, beweist folgender Vorfall: Wie dies gar nicht selten vorkommt,
hatte Mrs. Holland — wie Miß Johnson berichtet — am Abend des
19. Dezember 1905 eine Vision. Sie erblickte plötzlich in ihrem Zimmer,
in dem sich außer ihr gerade niemand befand, die Erscheinung eines
ihr gänzlich unbekannten Mannes, der, als sie auf ihn zutreten will, spurlos
verschwindet. In einem Brief, den sie kurz darauf an Miß Johnson
schreibt, erzählt sie dieser das gehabte Erlebnis und gibt an, wie diese
Erscheinung ausgesehen habe. Als Miß Johnson diesen Brief erhält, ist
sie nicht wenig erstaunt darüber, daß die Beschreibung, die Mrs. Holland
von der Erscheinung macht, genau auf Mr. Gurney paßt, also eben auf
jenen verstorbenen Forscher, den Miß Johnson ganz im Stillen im Verdacht
hat, daß er bei den automatischen Schreibereien der Mrs. Holland
zuweilen die Rolle eines Inspirators spielt. Wie nahe lag also die Vermutung
, daß derselbe Gurney auch bei dieser Vision mitgewirkt haben
könnte, da die Erscheinung doch ihm glich. Aber Miß Johnson gibt als
wohlerzogene Sekretärin der S. P. R. dieser Vermutung vorläufig nicht
Raum.
Zwei Monate später, am 11. März 1906, berichtet ihr Mrs. Holland
schon wieder von einer Erscheinung, die sie gesehen haben will. Sie
habe wieder dieselbe Gestalt gesehen — schreibt Mrs. Holland — nur
sei dies Mal die Erscheinung nicht vor ihr dagestanden, wie das erste
Mal, sondern auf einem Ruhebett ausgestreckt dagelegen. Mrs. Holland
macht auch von dieser Erscheinung eine ganz genaue Beschreibung und
fügt bei, daß neben der Gestalt auf dem Boden ein leeres Fläschchen
gelegen sei. Auch diesmal paßt Mrs. Hollands Bericht vollständig auf
Mr. Gurney. Auch das leere Fläschchen. Denn Gurneys Tod war infolge
einer allzugroßen Dosis Chloroform eingetreten, die er gegen die ihn
quälende Schlaflosigkeit genommen hatte. Wie konnte Mrs. Holland
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