Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 392
(PDF, 134 MB)
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oder aber im weitabgewandten Denken und Forschen über die uralten
Fragen der Menschheit, die abgrundtiefen Mysterien alles Seins und
Werdens, meine Zeit verbringend.

Selten empfing ich die paar europäischen Bekannten und Freunde,
da einerseits mein „buen retiro" glücklicherweise für die zufälligen Besucher
zu abgelegen war und ich mir andererseits aus ärztlichen Gründen möglichste
Einsamkeit und Ruhe verordnen, ja hatte vorbehalten müssen.
Hassan, der Getreue (ein Soldat, der mir zu meiner persönlichen Sicherheit
von der türkischen Regierung aufgenötigt worden war), wachte wie
ein Zerberus an der Pforte meines Paradieses.

Meine zwei alten Dienerinnen (armenische Witwen) sorgten geräuschlos
und mit großer Pünktlichkeit für alle leiblichen Bedürfnisse.

Da machte ich eines Tages eine merkwürdige Bekanntschaft, die
sich bald zu einer förmlichen Jüngerschaft meinerseits steigerte — ja
soweit gehend war diese Freundschaft, daß ich täglich einige Stunden
mit meinem Gönner meditierte und philosophierte. Meine Hängematte
war auf einem Rondel zwischen zwei mächtigen Feigenbäumen ausgespannt
. Von diesem erhöhten Platze überschaute ich nicht nur meine
tiefer gelegenen Gartenpartien, sondern auch einen angrenzenden Teil
des besonders gepflegten und eingefriedeten Nachbargartens. So weit
mein Blick schweifen konnte, gehörte das ganze Besitztum drei Brüdern,
Alttürken, deren Mutter (eine Tibetanerin) ich einst in schwerer Krankheit
erfolgreich behandelt hatte.

Täglich führte der älteste der Brüder, Ibrahirn Effendi (mein besonderer
Freund), einen hochbetagten Verwandten seiner Mutter in den
Garten hinaus. Ganz nahe bei meinem Platz wurde vorher eine feine
indische Strohmatte und Gebetsteppiche hingelegt, wo der ehrwürdige
Greis mit seinem Begleiter Platz zu nehmen pflegte.

Wie ich bald erfuhr, war diese prophetenähnliche Persönlichkeit
ein tibetanischer Lama namens Tschang-gatze (ein mütterlicher Großonkel
des Ibrahim Effendi).

Tschang-gatze war blind. Seine erloschenen Seheraugen blieben
immer in weite Fernen gerichtet, gleichsam als ob der Patriarch bereits
in eine andere Welt hinüberschaute. Ich übergehe die Einzelheiten, wie
wir bekannt, wie wir vertraut wurden, nur das eine — ich wurde Hörer,
Schüler; er war der Meister, der belehrte, Fragen beantwortete oder nicht
beantwortete, gerade wie es seiner Weisheit gefiel. Nie aber beantwortete
der Meister eine Frage zweimal, noch deutete er daran herum. In späteren
Tagen, als ich in Ägypten, wiederum als ein Genesender, Zeit und Kraft
hatte, schrieb ich vieles auf, was mir mein getreues Gedächtnis aufbewahrt
hatte.

Hier lasse ich in Form eines Dialogs einiges folgen, muß
aber vorausschicken, daß diese Unterhaltung meistens in Türkisch, selten
in Arabisch geführt wurde. Der Meister, der in seiner Jugend in London


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