Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 516
(PDF, 134 MB)
Bibliographische Information
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pörung aufsprang und sich mit dem entsetzten Rufe: „Das ist ja der
Teufel I" aus dem Saale flüchtete. Ihr schloß sich die jüngere Tochter
an, während die ältere von ihren Angehörigen nicht zu bewegen war
nach Hause zurückzukehren. Sie war froh, dem ihr unangenehmen
Dienste auf diese Weise entrinnen zu können. Keineswegs waren es
die Ideen Jehoshuas, die sie zum Bleiben begeisterten, vielmehr lockte
sie das ungebundene Leben, welches sich ihr bei ihm zu bieten schien.

Ein andrer Kreis wurde von einem süddeutschen Geiger, dessen
Frau und einer exotischen Tante gebildet. Er, ein kleiner, ängstlicher
Mann, stets in dicke Pelze verpackt, jeden Luftzug und jedes Steinchen
am Wege als persönliche Kränkung auffassend, fühlte sich nur in der
Nähe seiner energischen Gattin wohl. Verletzter Künstlerehrgeiz hatte
ihn nach Monte Christo getrieben; er hockte dort meist in irgend einer
Zimmerecke mit verärgertem Gesicht, ein stummer Vorwurf gegen sein
Schicksal. Die Frauen waren nur deshalb mitgekommen, weil sich
ein billigeres buen retiro schlechterdings nicht finden ließ und diese
Weltflucht ihnen in den Augen ihrer großstädtischen Bekannten ein besonderes
Relief verlieh. Diesen Ring ergänzte ein Redakteur aus Illinois.
Er war ein Hüne, in dessen Augen ein fanatisches Feuer glimmte und
dessen brutale Schönheit nicht ohne Eindruck auf die Frauen blieb.
Meist lungerte er untätig umher. Er dachte so angestrengt über die
Erlösung der Welt nach, daß er für rechte Arbeit keine Zeit hatte.
Seine meist unsichtbare Gattin, Mother-Christ, wie sie sich nannte, der
weibliche Christus, war einst eine stadtbekannte Schöne in einer der
Städte des westlichen Nordamerika gewesen. Sie wurde von ihm, der
sich in sie verliebt hatte, aufgegriffen. Er hatte sie zu etwas Großem
ausersehen, zu einer Art Jungfrau Maria. Aber zuvor sollte sie durch das
läuternde Feuer der Erkenntnis gehen. Er lehrte das ungebildete
Straßenmädel lesen und schreiben. Lesen nach der Bibel. Nur zu
schnell wurde sie von seinem Fanatismus angesteckt. Sie fühlte sich
begnadet, von Engeln inspiriert. Bald genügte das ihrem Wahne nicht
mehr; es war Christus, der durch sie sprach. Auch das war noch zu
schwach, sie selbst war Christus. Sie fastete und betete, floh die
Menschen und suchte sie nur auf, um ihnen von ihrer Botschaft zu
predigen. Schriftlich allerdings, denn seit sie sich als Christus fühlte,
war kein Wort mehr über ihre Lippen gekommen. Ihre frühere alltägliche
Schönheit vergeistigte sich mehr und mehr, so daß sie in der
Tat einer Heiligen glich. Sie hatte von Jehoshua und seiner Gemeinde
gehört und forderte ihn auf, mit seinen Gläubigen zu ihr zu wallfahren.
„Wenn sie etwas wolle, möge sie kommen", lautete seine Antwort. Eines
Tages war sie da. In einen langen, grauen Mantel gehüllt, Reiterstiefel
an den Füßen, die seltsam mit ihrem Schlepp-Gewand kontrastierten, das
Gesicht dicht verschleiert, die Hände um ein großes, massives Holzkreuz
geschlungen, das um ihren Hals hing, so war sie erschienen. Nun


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