Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 517
(PDF, 134 MB)
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hauste sie gleich einer Klausnerin in einem der Gemeinschaftshäusef,
getrennt von ihrem Manne, der nach ihr eingetroffen war.

Noch ein Ehepaar gab es auf Monte Christo, dessen Bund allerdings
nur Jehoshua gesegnet hatte. Sie war eine frühere Gesellschafterin
und Gesundbeterin, ein spätes Mädchen, dessen Schlichtheit und Bescheidenheit
außerordentlich wohltuend berührte. Er war ein durch
das Assessorexamen gefallener, herzleidender Referendar. Sie hatten
sich auf Monte Christo kennen und lieben gelernt. Für Jehoshua bedeuteten
sie, wie er oft erklärte: „die Summa von Europa."

Diese zusammengewürfelte Gesellschaft wurde außer durch einige
durchreisende Besucher, die, aus bekannten Kurorten kommend, sich
für ein paar Tage gewissermaßen zur Nachkur auf Monte Christo aufhielten
, noch durch einige junge Leute verstärkt. Darunter waren ein
Postassistent a. D., der um Jehoshuas willen seine Karriere aufgegeben hatte
und jetzt den Küchenchef machte; ein Ingenieur, der die Lebensdauer eines
kleinen Kapitals durch den Aufenthalt auf Monte Christo zu verlängern suchte;
ein Pole, der sich als einziger rühmen konnte, von Jehoshua in seinem
Studium wirklich gefördert worden zu sein, und ein paar hungrige Literaten.

Oberflächlich betrachtet, unterschied sich diese Gesellschaft kaum
von einer beliebigen in Berlin W. W. Nicht einmal schwärmerisch
sahen diese Leutchen aus. Das klatschte und medisierte, das begrüßte
oder schnitt sich, wie bei einem großstätischen Jour fixe. Das Bild
änderte sich jedoch sofort, sobald Jehoshua unter sie trat, obwohl auch
er mit seiner schlanken und hohen Erscheinung, seiner unauffälligen
Kleidung und dem kurzgestutzten Haupthaar mehr einem feudalen Gutsherrn
als einem Propheten glich.

Zunächst ließ er übrigens sein Prophetentum neuen Bekanntschaften
gegenüber fast gar nicht merken. Er hatte die eigentümliche Gabe,
jedem zum Mund zu reden. Freilich nicht irn gewöhnlichen Sinne des
Wortes. Er erfühlte vielmehr den Gedankengang derer, die er zu gewinnen
trachtete. Er entwickelte diesen, zu deren größten Erstaunen,
ganz aus sich heraus ihre eigene Weltanschauung und machte ihnen
deutlich, was in ihnen wohl geahnt, aber nicht ausgesprochen lag an
Ideen und Gefühlen. Indem schien er darum derjenige zu sein, der
seinen Idealen zur Erfüllung verhelfen würde. Auf diese Weise gewann
er viele. Waren sie dann zu ihm gekommen, Bürger auf Monte Christo
geworden, so verloren sie für ihn an Interesse und sie mußten erfahren
, daß er andern ebenso die Gedanken erforschte wie einst ihnen.

Dieser Mann lebte fast nur von fremdem geistigem Gute; was er
an eigenem dazu tat, waren spitzfindige Deuteleien aus Zahlen und
Worten ohne realen Wert. Eine gleichgiltige Briefmarke auf dem
Schreiben entschied oft über die Bitte des Schreibers, ein zufälliges
Zeichen auf dem von Jehoshua benutzten Briefblatt war maßgebend für
seine Antwort. Zwischendurch produzierte er einige geniale Einfälle,


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