Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
3.1909/10
Seite: 559
(PDF, 134 MB)
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lieh. Sie werden durch eine Gruppe von Kausalitäten hindurchgezwängt.
Sie folgen wie auf einem Fahrzeug einem Schiffer in dem wirrsten
Labyrinth von Kanälen, zwischen hohen Felsenwänden hindurch an
eine schmale, immer schmäler werdende Öffnung, aber Sie fühlen
instinktiv, Sie müssen an diesen kritischen für Sie notwendigen Ortl
Alles Licht in diesem inneren Labyrinth von seelischen Impulsen, Gedanken
- und Willensakten strömt aus dieser letzten kleinen Öffnung,
und der Dichter will mit Ihnen als Ihr „Fährmann* durch dies enge Tor
hindurch. Doch Sie wollen nicht, Sie sträuben sich, Sie suchen alle
Auswege. Da tritt im Schauspiel das ein, was man „Konflikt" *) nennt,
deren Bedeutung Gustav Freytag in seiner „Technik des Dramas" so
psychologisch klar dargelegt hat. Dieser „Konflikt" ist notwendig,
wenn Sie die Gesetze der Intuition erfassen, mit denen der Dichter
arbeitet. So, verehrter Freund, ist es mit unserem Seelenleben, wenn Sie
es nach dem Schlüssel der Intuition selbst aufzuschließen versuchen.

Aber wozu hat, gestatten Sie diese Einflechtung, eine Nation ihre
großen Dichter? Meinen Sie, daß ein Goethe und Schiller nur der
günstigen Umstände wegen oder für unsere Unterhaltung da sind?

Ein stark materialistisches Zeitalter kann so urteilen. Pas Theater
ist für die meisten eine Amüsements-, eine Unterhaltungsstätte. Aber die
„Bühne" ist für die „Erziehung des Menschengeschlechtes". Wer hat
dies mehr betont als ein Goethe, Schiller und Lessing? Der Dichter
lehrt Sie, das Gesetz der Intuition auch für ihr eigenes Leben in
Anwendung zu bringen. Folgen Sie ihm nur, indem Sie seine im Drama
niedergelegten Konsequenzen für sich ziehen. Jedes Kunstwerk hat in
sich die Aufgabe und den Schlüssel sie zu lösen. Der letztere freilich
ist okkult. Sie kennen das, was man Spannung nennt, und Gustav
Freytag zeigt uns, wie diese Spannung vom Dichter psychologisch,
wenn auch oft unbewußt entwickelt wird.

Im Okkulten besitzt diese Spannung eine Auslösung. Im Drama
ist es die Krisis. Im Innern ist es auch eine Krisis. Die Auslösung
dieser Krisis, wenn ihre inneren Faktoren durch den Willen integriert
werden, ist das Phänomen der Schwelle. Ohne letzteres hinterläßt jedes
Drama eine Lücke. Das psychologische Drama Ibsens zeigt diese
Lücke offenbar. Der Dichter stellt Ihnen darum eine Aufgabe: Lösen
Sie selbst diese Krisis für sich. Sie dringen in das Land und die Stätte
jenseits der Kunst und höher als diese, in die der Yoga.

So kommen Sie auf den Grund des „Hauses im Innern", auf
das „Fundament", wie es sich im Wiederschein dieser intuitiven Erkenntnisse
darstellt. Und wie Sie so mit der inneren Fackel, die
Ihnen der Dichter als Ihr Fährmann in Ihre Hand drückt, hinableuchten
in alle Tiefen des Seins, in das, was wir Leben, Natur oder Kosmos
nennen, da finden Sie, daß diese eine Fackel, der moralische Wille,

*) Griech. Katastrophe, innere Wendung, Willensumartung.

»


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