Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
4.1910/11
Seite: 31
(PDF, 173 MB)
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prinzips nach außen hin. Kein Mensch ist dadurch allein dem Bilde
seiner Vollendung näher gekommen.

Es besteht also ein Mißverhältnis in unserer Zeit zwischen höherer
Erkenntnis und der Verwertung dieser Erkenntnis im Leben. — Welches
mag die Ursache sein? — Wenn wir die Theologen danach fragen, so
erhalten wir ohne Zögern die Antwort: Die Menschen haben den Glauben
an das Höhere verloren. Aber diese Antwort ist ein Hohn aüf unser
Empfinden und Denken; denn der Begriff Glaube hat einen sehr dehnbaren
Sinn, und der Sinn, den ihm die Theologen gewöhnlich beilegen,
wird von allen Intellektmenschen mit Recht abgelehnt. Wohl aber ist
es richtig, daß den Menschen die Uberzeugung und das Erleben höherer
Erkenntnis fast unbekannt ist. Bei den heidnischen Völkern aber war
trotz ihrer niedrigeren Kulturstufe etwas von diesem Erleben anzutreffen
, wofür viele Dokumente sprechen, wenn man sie nur zu lesen
versteht

Wenn Vertreter der Kirche auf den Unglauben unserer Zeit zu
sprechen kommen, so verfallen sie leicht in den Kapuzinerpredigtton;
sie sprechen von der Verstocktheit und Blindheit der Menschen, und
der Erfolg, den sie damit erzielen, ist leider gerade entgegengesetzt dem
erwarteten. Und das ist natürlich; denn man tut den Menschen unrecht,
wenn man sie für verstockt hält; sie werden das erst durch falsche
Behandlung, so durch Bekehrenwollen. Man tut ihnen unrecht, wenn
man ihnen aus ihrer Blindheit einen Vorwurf macht, weil ihnen das
Licht, das ihre Augen sehen können, nur selten gezeigt wurde.

Nein, wir sind der Meinung, daß es nur an der rechten Art fehlt,
das Licht zu verbreiten; dei^n jeder Mensch sehnt sich nach dem Licht.
Und jeder, der überhaupt einmal ernsthaft über Religion und Christentum
nachgedacht hat, ist sich des Zwiespalts zwischen seinem ethischreligiösen
und seinem geistig-intellektuellen Empfinden bewußt und er
merkt gern auf, wenn ihm zur Lösung des Zwiespalts eine Hülfe in
annehmbarer Form geboten wird.

Dies zu versuchen, ist nun der Zweck der folgenden Ausführungen.
Wir wenden uns nicht an die, welche auf kirchliche Dogmen schwören,
nicht an die, welche die Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung
als höchste Offenbarung ansehen, mit einem Wort: an keinen, der irgend
eine Lehre, irgend eine Partei, welcher Art sie auch söi, einseitig vertritt
. Was wir zu sagen haben, gilt nur den völlig Freien, den unbedingt
Vorurteilslosen, gilt denen, die in keinem Falle andere für sich
denken lassen und die keine Konsequenzen ihrer eigenen Denkarbeit
scheuen; denn diese allein können als würdige Führer der Menschheit
anerkannt werden.

Diese allein auch werden unsere eigene Erfahrung bestätigen, daß
keiner der bestehenden religiösen Zustände befriedigend und wünschenswert
ist, weder der Glaube, welcher eine Scheidewand konstruiert zwischen


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