Freiburger historische Bestände - digital

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Melancholie usw. leiden, streifen nicht nur die Gewänder der Welt ab, sie opfern
auch ihren bürgerlichen Namen. Mit dem Eintritt in das Somnarium nimmt jeder
Patient den Namen des Zimmers an, das ihm zugewiesen wird. Die Zimmer scheinen
alle nach berühmten Doktoren benannt zu sein, so heißt eines Charcot, und sein Bewohner
wird demgemäß Monsieur oder Madame Charcot genannt. Für Schwerleidende
sind indigoblau tapezierte Zimmer vorgesehen, weil diese Farbe die Nerven
beruhigt; Rekonvaleszenten erhalten grün tapezierte Zimmer. Im übrigen aber
lautet die Parole: Schlafen, schlafen, schlafen. Wo Schlummerlosigkeit waltet, werden
die Räume durch exotische Düfte parfümiert, die nach den Erfahrungen der
leitenden Ärzte angeblich das beste Schlafmittel sind; man verfügt über ein ganzes
Arsenal solcher Schlummerdüfte.

Liebeszauber. Eine Beschwörungsformel, die noch heute in schwäbischen
Landen gegen verschmähte Liebe angewandt wird, teilt das Stuttgarter evangelische
Qemeindeblatt seinen Lesern als Beweis dafür mit, wie Aberglauben und Zaubereiwesen
noch immer in weiten Kreisen lebendig sind. Dieses Dokument zur modernen
Sittengeschichte und Kultur, das, wie das Blatt versichert, in vielen Exemplaren
verbreitet ist, hat folgenden Wortlaut: „Ich streue dir die Pulver in die Ohrt, das ist
für deine Hartnäckigkeit, für deine Lieblosigkeit, für deine Zerstreulichkeit; diese
drei Pulver sollen dich quälen bis an den Tag und die Stunde, wo du mir deine Liebe
wieder zurückgibst; Gott der Vater soll dich führen, Gott der Sohn soll dir deine
Ruhe nehmen, Gott der Heilige Geist soll mein Gebet erhören. Ich, eine Dienerin
Gottes oder eine stärkere des Wesens, berufe, begehre, beschwöre dich bei den heiligen
Worten, daß du gewiß kommst und erscheinst vor mir und bringst mir die
Liebe, die ich von deinem Herzen begehre. Aber nur dein Wille geschehe, Herr
Zebaoth. Du sollst aber weder Rast noch Ruhe haben, wo du gehst, wo du liegst,
ißt oder trinkst." Diese Beschwörung wird unterstützt durch drei ins Feuer gestreute
Pulver: Veilchenwurzel-, Dreikönigs- und Myrtenpulver. Am Schlüsse
müssen drei Vaterunser gebetet werden. Diese Beschwörungsformel
wird ebenso von Protestanten wie von Katholiken angewandt
.

Wozu der Spiritismus nicht führen sollte. Aus Braunschweig wird gemeldet:
Der 49jährige Polizeiwachtmeister Albert Busch, dessen Sohn vor längerer Zeit beim
Spielen in einer Sandgrube bei Rautheim durch niedergehende Sandmassen verschüttet
und getötet wurde, hat sich aus Gram über den Verlust seines Sohnes auf
dem Grabe des Kindes erschossen. Die Kugel war ihm durch den Kopf gegangen.
Busch ist ein Anhänger des Spiritismus gewesen; er soll fast regelmäßig an den
spiritistischen Sitzungen teilgenommen und wiederholt erzählt haben, daß er durch
ein Medium mit seinem ihm durch den Tod entrissenen Sohne verkehre. Busch
hinterläßt Frau und zwei Kinder.

Der Goldschatz auf dem Meeresgrunde. Man meldet aus London: Es war
schon öfter von einem englischen Syndikat die Rede, das zum Zwecke der Bergung
des Goldschatzes gebildet worden war, der in der auf dem Grunde der Tober-
morybai liegenden spanischen Geleone „Florencia" vermutet wird. Die „Florencia"
hat der spanischen Armada angehört und wurde 1588 von britischen Schiffen gerammt
. Oberstleutnant Mackenzie Foß ist der Vorsitzende des Syndikats, das den
spanischen Märchenschatz heben will. Bisher hat man erst einige alte Kupfermünzen
, Säbelscheiden und Kanonenkugeln in der Nähe des Wracks gefunden, die
kaum als ein zufriedenstellendes Entgelt für die mit großen Kosten monatelang betriebenen
Bergungsarbeiten betrachtet werden dürften. Aber der Oberstleutnant ist
stark in seinem Glauben und die" Syndikatsmitglieder haben noch mehr Geld. „Endlich
hat man das Wrack selbst unter dem Sande gefunden", teilt der Oberstleutnant
der Presse mit, „und das einzig und allein dank einer Prophetin.