Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 34
(PDF, 169 MB)
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bekannt — erinnerte er sich noch deutlich aus seiner Knabenzeit an die
Seherin von Prevorst, und wie er z. B. Kräuter im Wald für sie habe
holen müssen. Auch Hofrat Kerner wohnte im »Haus Rausch«, wo ich
ihm, wenn er zu Bett lag — er stand schon im 9. Jahrzehnt seines
Lebens — manche Stunde vorgelesen habe. Dafür erzählte er mir
Okkultistisches aus seinem Leben, speziell von der Seherin und der
Praxis seines Vaters, worüber ich 1894 in der Zeitschrift »Sphinx« berichtet
habe. Ihr Bild (nach dem Gemälde von Gabriel Max) hing über
seinem Bette. Kerner pflegte nur den Winter in Baden, den Sommer
aber in Weinsberg zuzubringen, und du Prel richtete die Zeit seines
Kommens, um ihn noch zu treffen, auf die letzten Tage des April. Damit
der Leser ahne, welch erfrischenden Einfluß der köstliche Humor
dieses Greises auf den überangestrengten, abgehetzten, dringend der Erholung
bedürftigen Meister gehabt haben muß, will ich zur Charakterisierung
Kerners einen Brief vorausschicken, den ich am 19. April 1894
hier von dem alten Hof rat empfing:

»Baden, 19. April 1894.

Mein verehrter Freund!

Die Erde ist von unendlicher Schönheit und von einer Ehrlichkeit
und Herzensgüte, an der sich die Menschen ein Beispiel nehmen
könnten, jedes Samenkorn, das man ihr gibt, vergeltet sie wieder
tausendfältig, wie man bei jetziger herrlicher Blütezeit bei jedem
Schritt in die Natur hinaus ersehen kann. Aber die Menschen auf
ihr sind dem größten Teil nach ganz schlechte, spitzbübige, vom
rechten Weg weit abgekommen, vom Gifte der Zivilisation krankhaft
infizierte, im Sumpfe der Unnatur versunkene Individuen voll böser
Leidenschaften und Hang zur Sünde. Auch Baden-Baden ist eine
wahre Verbrecherkolonie voll Abenteurern, Hochstaplern und räuberischem
Gesindel der niedrigsten Sorte. Daß Sie mitten aus diesem
schwarzen Schlamme mich, die reine, weiße Perle herausgefunden
und zum Freunde gewonnen haben, ist ein Glück, für das Sie der
Vorsehung nicht dankbar genug sein können. So brav, edel, gut,
vortrefflich, und vor allem so ehrlich wie ich gibt's wohl keinen.
Sie könnten es für Uebertreibung, Unbescheidenheit halten; aber ich
kann es durch ein Beispiel beweisen. Beiliegende Handschuhe, unzweifelhaft
Ihre Handschuhe, liegen schon seit 10 Tagen auf meinem
Schreibtisch. — Wo ist in Baden einer, der sie nicht ruhig eingesteckt
, für sich behalten hätte? Ich aber rufe der Versuchung zu:
Apage Satanas! und sende sie Ihnen. »Ehrlich währt am längsten!«
sagte ich mit einem Seufzer der Resignation, als ich fand, daß sie
für meine Hand zu klein waren. —

Auf der Abreise begriffen Theobald Kerner.«


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