Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 54
(PDF, 169 MB)
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entzückt über sein Machwerk transportierte er es vorsichtig, um es seiner Frau
zu zeigen, die in einer der sibirischen Städte zurückgeblieben war. Diese wollte
ihren Ohren nicht trauen, als sie hörte, ihr Mann habe selbst das Kunstwerk geschaffen
.

„Aber du hast ja nie dergleichen getrieben. Es ist ja doch ganz unmöglich,
gleich beim ersten Versuche etwas so Vollkommenes zu leisten. Gestehe nur, du
hast es gekauft von irgend einem Bildhauer, der hier in der Verbannung lebt."

„Ich versichere dich, daß ich es selbst hergestellt habe."

„Aber dann mußt du ja diese wunderbare Kunst weiter ausbilden, denn der
Kopf beweist ja ein ungemeines Talent."

„Ausbilden? Ich weiß ja gar nicht, ob ich fähig bin, etwas anderes zu schaffen
, dieser Kopf schwebte mir so deutlich vor, daß etwas mich zwang, ihn zu formen
, andere Dinge machen gar nicht diesen Eindruck auf mich. Ja, ich spüre gar
nicht die Lust von neuem, etwas Ähnliches zu schaffen."

Also war es, er dachte nicht daran, sein Talent weiter zu betätigen. Widmete
sich noch eine Zeitlang ganz seiner Arbeit als Ingenieur, dann nach einem oder
anderthalb Jahren nahm er längeren Urlaub und reiste mit seiner Frau zur Erholung
nach Italien.

Die erste Stadt, die sie dort betraten, war Venedig, und kaum hatten sie sich
in ein Hotel niedergelassen, so besuchten sie sofort die Markuskirche und den Dogenpalast
. Der Ingenieur schritt einher, als hätte er Flügel an den Sohlen, er fühlte sich
sonderbar gehoben, Sonnenschein, Kanäle, Gondeln, alles übte einen ganz besonderen
Zauber auf ihn aus. Im Dogenpalaste betrachtete er alles so genau und
konnte sich nicht satt sehen an Bildern und Skulpturen, so daß der Kustos, der dieses
Entzücken mit Befriedigung sah, ihm vorschlug, auch einen Raum unter dem Dache
zu öffnen, woselbst alte Erinnerungen an die Dogenzeit aufbewahrt wurden, deren
Kunstwert nicht so bedeutend war, um im Museum selbst Platz zu finden.

Mit Freuden wurde der Vorschlag angenommen, denn Herr Z. konnte sich
gar nicht entschließen, den Palast zu verlassen. In dem Räume angelangt, der gewöhnlich
dem Publikum verschlossen bleibt, stürzte sich Herr Z. mit einem Ausruf
des Erstaunens auf eine Büste.

„Sieh doch! sieh Wanda. Das habe ich selbst geschaffen!"

Die Frau schaute hin, da war in Marmor derselbe bärtige Kopf mit dem zur
Seite geneigten Haupte.

„Wie wunderbar! Ja, das ist derselbe Kopf, den du in Sibirien gemeißelt."

„Ach nein, der war nur eine unwillkürliche Kopie. Diesen selben Marmorkopf
habe ich gemeißelt, auf den Wunsch des Dogen, der mein Freund war. Ich
war zwar nur Dilettant, aber ich verstand meine Sache gut." Die Frau schaute verwundert
zu ihm auf, denn sie hatte damals noch nie von Reinkarnationen gehört.
Doch War es schwer, an den Worten zu zweifeln, denn die sibirische Büste war ein
zu deutlicher Beweis. Dann wandte sich Herr Z. an den Kustos in italienischer
Sprache.

„Warum ist diese Büste ohne ihr Piedestal, sie hatte doch früher eines?"

„Ja, aber schon seit vielen Jahren stürzte sie einmal nieder und der Untersatz
zerbrach und das ist auch der Grund, weshalb sie hier oben fortgestellt wurde, da
sie sonst sich im Museum befände. Doch die Sache ist schon lange geschehen zu
Zeiten meines Vaters, der auch hier Kustos war. Sind Signor schor vor Zeiten hier
gewesen, da sie danach fragen?"

„O ja, vor sehr langer Zeit, es wären wohl etliche hunderte von Jahren her
sein," antwortete er lachend, denn beim Anblick der Büste tauchte nun Erinnerung
über Erinnerung in ihm auf.

Als sie den Dogenpalast verließen, sagte er zu seiner Frau:

„Wanda, jetzt führe ich dich zum Palazzo, den ich damals bewohnte. Komm,


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