Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 98
(PDF, 169 MB)
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Dort, wo der materialistische Determinismus das große Wort führt,
sind aber seltsamerweise auch seine Vettern Utilitarismus und Kapitalismus
nie weit zu suchen. Es scheint eine enge Verwandtschaft, und eine
Hand wäscht hier die andere; e£ riecht verdächtig nach Parteiinteresse.

Die ehrlichen unter den hervorragenden Forschern aber sprechen
anders über diese Frage. William James, der berühmte Psychologe, der
so stark zu der Anschauung neigt, daß die Bewußtseinstätigkeit nichts
als Gehirnfunktion sei, bekennt dennoch ganz offen in seiner »Psychologie
«*): »Die Psychologie mag unumwunden zugeben, daß für ihre
wissenschaftlichen Zwecke der Determinismus proklamiert werden
muß« .... Nun stellt die Ethik ein Gegenpostulat auf, und der Verfasser
dieses Buches für seine Person trägt kein Bedenken, ihr Postulat für das
gewichtigere zu halten und anzunehmen, daß unser Wille »frei« ist. Für
ihn ist also die deterministische Annahme der Psychologie
lediglich provisorisch und methodisch.

»Das Forum, von dem die Diskussion (über den relativen Wahrheitsgehalt
jeder Wissenschaft) stattfindet, heißt Metaphysik.

.... Sobald man beabsichtigt, das Maximum möglichen Einblicks
in die Welt als Ganzes zu gewinnen, werden die metaphysischen Probleme
die wichtigsten von allen.«

Mit treffender Ironie hat der Genfer Professor Dr. med. Theod.
Flournoy die logischen Konsequenzen aus den folgerichtig durchgeführten
Dogmen des materialistischen Determinismus gezogen: » .. . Für
den vom Lichte der Wissenschaft überschwemmten Weisen gibt es weder
Gut noch Böse, weder Sittliches noch Unsittliches; in der »indifferenten
Natur« ist alles gleich notwendig und gleich berechtigt. Wenn im Laufe
der mechanischen Entwicklung des Universums gerade das Hirn meines
Freundes in einen solchen Schwingungszustand gebracht wird, daß er
sein Leben opfert, um das meinige zu retten, dann umso besser für mich
und umso schlimmer für ihn. Umgekehrt ist es mit einem anderen, der
durch Vererbung und den Zusammenhang der Dinge zum geriebenen
Gauner geworden ist und mich der Ehre oder des Vermögens beraubt,
ohne durch das geschriebene oder ungeschriebene Gesetz dafür bestraft
zu werden. Jedoch in beiden Fällen war das Vorgehen meiner Freunde
nur unausweichlich mechanische Folge der irdischen Geschehnisse im
Raum und der Zeit, die ihnen vorhergingen.

Wenn mir jetzt die Handlungsweise des ersten nicht nur Dankbarkeit
, sondern tiefste Achtung einflößt, die des zweiten aber Abscheu, —
so ist meine einzige Entschuldigung für diese widersprechenden Gefühle
bei zwei gleich notwendigen Geschehnissen die, daß ich eben selber
mit so gearteten Gehirnzellen erblich belastet bin, woran ich gar nicht

*) Deutsche Uebersetzung von Dürr, S. 461, Kap. »Psychologie und Philosophie«.
(Die gesperrten Stellen im Original nicht gesperrt. Feerhow.)


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