Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 143
(PDF, 169 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0149
Die Aussicht auf den Hungertod war nicht angenehm; doch wollte ich
ihn, so lange ich es vermochte, hinziehen. Deshalb teilte ich sorgfältig
die mitgebrachten Lebensmittel in mehrere kleine Portionen, so lange
meine Lampe brannte; war sie erst verlöscht, so mußte ich im Dunkeln
bleiben. Zwar hatte ich Streichhölzer in der Tasche, aber aus Furcht
vor der fixen Luft durfte ich sie nicht entzünden.

Geduldig setzte ich mich nieder, verzehrte die eine der kleinen eingeteilten
Mahlzeiten und dachte nach. Lange dachte ich an meine Braut, an meine
Mutter, an beider Verzweiflung. O, die arme Mutter! Da waren noch
die jüngeren Geschwister, ich war der älteste, und nun fehlten ihr die
Ernährer, Mann und Sohn, denn ich erinnerte mich% den Vater kurz vor
der Katastrophe gesehen zu haben. Das brachte mich auf den Gedanken,
für ihn und für die Seelen der verunglückten Kameraden zu beten. Dann
untersuchte ich mein Gefängnis. Es war geräumig genug, ein langer Gang,
aber nirgends ein Ausweg, und so tief unter der Erde; kein Ton drang
zu mir, als nur in der Ferne das Knistern der brennenden Kohlenlager*
So saß ich und dachte und betete, bis die Lampe erlöschte, dann streckte
ich mich nieder zum Schlaf. Wie lange ich geschlafen, weiß ich nicht;
ich erwachte, weil Hunger mich quälte, so mußte ich wohl eine gute
Zeit geruht haben. Die kleine Portion, die ich mir zugeteilt, stillte kaum
den Hunger, doch ich bezwang mich fast nicht mehr, denn ich wollte
so lange leben als möglich. Es konnte doch vielleicht Rettung kommen.
Zwar sagte mir mein Verstand, es sei ganz unmöglich, aber ich wollte
doch die Hoffnung nicht aufgeben.

Die erste Zeit, ich kann nicht sagen die ersten Tage, denn es war
ja immer Nacht um mich und ich hatte zwar eine Uhr, konnte aber die
Zeit auf ihr nicht sehen, die prste Zeit also quälte mich der Hunger.
Das verging aber allmählich lind dann genügten mir die kleinen Portionen,
um meine Kräfte aufrecht zu erhalten. Doch am meisten litt ich vom
Nichtstun; diese Tatenlosigkeit war das Schrecklichste, so dazusitzen, ohne
Arbeit und ohne Gedanken, denn ich war das Denken nicht sehr gewohnt
. Meine einzige Zuflucht war das Gebet. Damals habe ich so
viel gebetet, wie sonst in meinem ganzen Leben zusammengenommen*

Endlich war mein Speckvorrat erschöpft und meine Kräfte auch.
Selbst beten konnte ich nicht mehr, ich war so müde, so müde; Lange
lag ich da und stierte in das Dunkel hinaus; endlich vergingen mir die
Sinne.

Als ich erwachte, war es hell im Gange. Das Licht kam von einem
kleinen, graugekleideten Männlein, das war nicht alt und nicht jung, hatte
ein verwittert Gesichtlein, schaute mich aber freundlich mit den grauen
Aeuglein an.

»Stehe auf und folge mir«, sagte es mit sanfter Stimme.
Ich wollte erwidern, ich sei zu müde, aber siehe da, ich stand mühelos
auf und ging dem Kleinen, der voranleuchtete, nach. Er leuchtete voran,


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