Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 187
(PDF, 169 MB)
Bibliographische Information
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0193
Theosophie und im weiteren Sinne alle Mystik ist nur Sache des Erlebens, die mir
niemand beweisen und die ich niemand beweisen kann. Die Inder unterscheiden
genau zwischen der Lehre des Auges und der Lehre des Herzens. Die Lehre des
Auges läßt sich beweisen, weil sie mit sinnfälligen Dingen arbeitet, sich also nur
an die Sinne und den Verstand wendet. Was man mir da nicht beweisen kann, muß
ich ablehnen. Die Lehre des Herzens, die Lehre vom Jenseits der Sinne ist rein
Sache des Erlebens. Die Wissenschaft befaßt sich mit dem Werden, mit der Ent-
wickelung, die einen Anfang und ein Ende, die Teile und Gegensätze hat; die Mystik
befaßt sich nur mit dem Sein, und das Sein begreifen, heißt Leben, Erleben. Leben
kennt keinen Anfang und kein Ende und ist immer ein unteilbares Ganzes. Was wir
gewöhnlich Leben nennen, ist eben nur ein Werden und Vergehen, d. h. anders
werden. Alles Werden liegt im Sein enthalten, wie alle Zeit in der Ewigkeit, die
nur ein anderer Ausdruck für das Sein ist. Man hört so oft, daß der Mystiker
zu schweigen habe! Warum? Weil er niemand etwas beweisen kann. Jeder, der
das Sein kennen lernen will, muß es erleben und sein Erlebnis hat nur für ihn beweisende
Kraft. Das Wissen vom Werden ist allgemein, wenigstens für alle, die mit
5 Sinnen und einem normalen Verstände begabt sind, das Wissen vom Sein ist nur
für den beweisend, der das Sein erlebt hat, also rein inneres Wissen, oder mit einem
anderen Worte gesagt Glauben. Glauben und Wissen lassen sich nie versöhnen,
weil sie von einander ganz verschieden sind, wie etwa Licht und Wasser. Licht
kann Wasser jedoch durchdringen! Unter Glauben verstehe ich nur das innere Erlebnis
, nicht den aufgepfropften oder anerzogenen Kirchenglauben, der meist nur
mit der Frage zusammenhängt: „Wie kann ich alles Unangenehme vermeiden und
mir das Leben so angenehm als möglich machen?" Dieser Gedanke, ins Unendliche
hinausgespiegelt, erscheint uns dann als Himmel und Hölle der Durchschnittsgläubigen
, die ganz gute Menschen sein mögen, aber sich noch mit keinem Schritte
dem reinen Sein genähert haben. Die Lehre von der wiederholten Verkörperung
erscheint mir immerhin als ein schöner Fortschritt, weil er der Logik nicht so arg
widerspricht als manche andere landläufige Systeme. Wer einen höheren Standpunkt
einnehmen will, muß meines Erachtens alles „Beweisenwollen" bei Seite
lassen und die rechtverstandene Theosophie hat nur die Aufgabe, die dafür Reifen
zum Erleben anzuleiten. Das ist aber nur die „Unterweisung vom Mund zum Ohr".
Wer dann soweit ist, daß er das Jenseits gefunden hat, d. h. das, was jenseits der
„Gefühlsschwelle", jenseits der !■> Sinne liegt, kennt dann das Jenseits überhaupt, das
das Sein ist, welches alles Werden in sich schließt. Nur wer so weit ist, kann
entscheiden, wer Recht hat, „Isis" oder „Geheimlehre", beide oder keine von beiden!
Denken Sie darüber nach und merken Sie sich gut, was die H. P. B. in der „Isis"
einmal als indischen Weisheitsspruch anführt: „Auf dieser Welt gibt es nur eine
Wahrheit, nämlich, daß es auf dieser Welt keine Wahrheit gibt!" D. h. also, wenn
es eine Wahrheit gibt, so liegt sie jenseits der Sinnenwelt, ist mit den Sinnen demnach
nicht zu erfassen und auch nie zu beweisen. Wahrheit muß daher wie alles
Sein erlebt werden, und Wahrheit erleben, heißt zur Wahrheit werden und dann
eins mit ihr sein. Dann brauchen Sie keinen Beweis mehr. Beweisen ist nichts,
erleben alles! ......

Die Pille war bitter, aber ich habe sie dankbarst hinabgeschluckt und hoffe,
sie wird mir immer von neuem gute Dienste leisten.

Mit der höfl. Bitte um Aufnahme dieser Zeilen zeichnet sich Ihnen

ergebenst 5 K. S,

Zusatz der Schriftleitung. Obwohl für die Mehrzahl der Leser die trefflichen
Erwiderungen der Herren Dr. Hübbe-Schleiden, Deinhard, Nemo und
K. S. in Angelegenheit der „Streitfragen" des Herrn Blum genügen dürften, so mag


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