Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 255
(PDF, 169 MB)
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Ackerland nicht so schnell preisgibt, ist selbstverständlich. Man kann dies billigerweise
auch nicht verlangen, denn ich bin überzeugt, daß viele Anhänger des Materialismus
aus innigs:er Überzeugung handeln und glauben, sich tatsächlich auf dem
Wege zur Wahrheit zu befinden. In diesem Sinne hat sicher auch der Verfasser
des vorliegenden Buches geschrieben — er glaubte, sein Bestes zu geben und ein
gutes Werk getan zu haben in seinem Kreuzzug gegen den Spiritismus. Dies also
nehmen wir nicht übel; aber anders steht die Sache, wenn in solchem Kampfe
Tatsachen und Verhältnisse — ob unbewußt oder nicht — entstellt und falsch gegeben
werden, wenn auf Qrund von Irrtümern Zerrbilder der Wahrheit vorgesetzt
werden!

Und dies ist in dem Buche im Übermaße der Fall. Der Qrund liegt darin,
daß der Verfasser den wissenschaftlichen Spiritismus nicht genügend kennt und
offenbar niemals Gelegenheit gehabt hat, mit einem echten Medium zu experimentieren
. Nur dieser Umstand macht die haltlose Behauptung des Verfassers erklärlich
, daß man bei „Medien stets mit bewußtem Betrug durch Taschenspielertricks zu
rechnen hat". Dies ist einfach nicht wahr! Der Verfasser hätte sich freilich aus den
Berichten eines Marselli, Lombroso, Crookes, u. v. a. eines Besseren unterrichten
können, allein — und dies ist für den modernen Wissenschaftler charakteristisch —
er glaubt, daß alle diese Gelehrten sich täuschen ließen. Gilt ihm doch der berühmte
Bericht Richets über die Vorgänge in der Villa Carmen „nicht für beweiskräftiger
als irgend ein anderer".

Geradezu verblüffend sind aber die Gründe, warum selbst ein Richet ihm
nicht imponieren kann. Man höre: Weil „die größte psychologische Unwahrschein-
lichkeit doch immer noch wahrscheinlicher bleibt als das plötzliche Entstehen eines
menschlichen Organismus aus dem Nichts". Ferner: „Gegenüber der Unwahr-
scheinlichkeit der Entstehung eines Menschen aus dem Nichts aber ist jede innner-
halb der Grenzen des Verständlichen bleibende, an und für sich noch so unwahrscheinliche
Annahme gerechtfertigt." Mit den physikalischen Phänomenen macht
der Verfasser kurzen Prozeß: „Der gesamte physikalische Experi-'
mentalspiritismus beruht auf Taschenspielerei, die sich
als Betrug charakterisiert." (!) Die psychischen Phänomene kommen
besser weg: sie „lassen ihrer Art nach die Annahme von Betrug meist unwahrscheinlich
erscheinen, obgleich sie sich auch von betrügerischen Medien nachahmen
lassen. Immerhin handelt es sich um mehr oder weniger abnorme Seelenzustände,
die nach unserer bisherigen Kenntnis der Naturgesetze sehr wohl zu verstehen
sind, ohne daß wir genötigt wären, die Einwirkung von Geistern zu
ihrer Erklärung heranzuziehen." Man kann zu diesem Verständnis nur gratulieren.
Selbst die kritische Society f. P. R. hat dies nicht immer fertig gebracht, trotzdem sie
die weitgehendsten und unwahrscheinlichsten Hypothesen an den Haaren herbeigezogen
hat. Der moderne Wissenschaftler nimmt solche Hindernisse spielend; er
erfindet ein Wort hierzu und das ist dann die Erklärung, so z. B. das „latente
G e d ä c h t n i s", ein Wunderkind, das alles kann. Es spielt auch in dem vorliegenden
Buche eine Rolle. Mit sog. Erklärungen geizt der Verfasser nicht, im Gegenteil,
alles erklärt sich für ihn sehr einfach. Das Tischrücken wird durch das intensive
Denken und die gespannte Erwartung der Teilnehmer ausgelöst und die Rolle der
Geister spielt die unbewußte Seelentätigkeit des Mediums oder eines Teilnehmers.
Das ist doch klar — allerdings tausendmal widerlegt, aber das schadet nichts.
Automatisches Schreiben ist im höchsten Falle Produkt des „latenten Gedächtnisses
", vielleicht auch mystischer Fähigkeiten des Menschen". Die Änderung der
Handschrift? Einfach Suggestion, ähnlich wie bei der hypnotischen Suggestion die
Handschrift geändert wird. Wie natürlich! Und da plagen sich Gelehrte mit der
Frage nach fremden Intelligenzen! Sie sollen dies Buch lesen, dann wissen sie,
wie es gemacht wird.


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