Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 310
(PDF, 169 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0316
— 310

„okkulten Tatsachen" gar nichts weiß — sich ins helle Mittelalter zurück versetzt
fühlen mußte, als er solche Anschuldigungen und Zeugenaussagen hörte. Viele
solcher Anschuldigungen mögen ja auf „bösen Tausch" zurückzuführen sein, daß aber
bereits im alten Rom auf das magische Übertragen der Ernte von einem
Felde auf das andere die Todesstrafe gesetzt war, beweist, daß derlei „Verhexungen'
schon damals Gegenstand richterlicher Entscheidungen gewesen sein müssen. Vielleicht
erleben wir es noch, daß in einigen Dezennien „magische Verbrechen" von
Seite der Wissenschaft gerade so zugegeben werden müssen, wie heute bereits
„hypnotische Verbrechen" allgemein anerkannt werden. Dann allerdings dürfte solch
eine Gerichtsverhandlung, wie die eben geschilderte, einen anderen Ausgang nehmen.
Bis dahin aber bleiben die eventuell geschädigten Leute dumme, abergläubische
Bauern, denn wie soll es „wissenschaftlich möglich sein", das Futter vom Felde
wegzuzaubern? Im Augenblick aber, wo die offizielle Wissenschaft „magische
Bringungen" (sogenannte spiritistische Apporte) als unleugbares Faktum zugeben
muß, wird man dafür eine entsprechende Erklärung finden. Dann wird an den
Richter erst die schwierige Frage herantreten, ob die betreffende
„Hexe" dies aus freiem Willensantrieb getan
hat oder ob sie nicht ein Spiel fremder Kräfte y s t? Stiehlt der
Kleptoman nicht auch, ohne sich beherrschen zu können? Wie also, wenn es
okkulte Kleptomanen gäbe, Menschen, die „Magier wider Wille n"
sind, kurz Besessene. — Aber wie es zweifellos „bewußte" Diebe gibt, so
kann es auch „bewußte Magier" geben. Der Jurist der Zukunft wird sich mit
ihnen vielleicht wieder beschäftigen müssen. Das Schlimmste ist jedoch, daß solch
ein „okkulter Dieb" sogar im Gefängnis sitzend sein „Handwerk" weiter betreiben
oder auf okkultem Wege alle belastenden Akten, Photographien, Körpermessungen etc.
verschwinden lassen kennte. Lord Bulwer hat diese Art magische Verbrechen in
seinem Roman „Eine seltsame Geschichte" (Neuausgabe erschien bei
Max Altmann, Leipzig, mit einer Einführung von G. W. Surya) genau genug beschrieben
, und er hatte mit diesem Werk sicherlich die gleiche Absicht, wie du Prel
mit seinem „Kreuz am Ferner", nämlich die Welt auf die Möglichkeit magischer
Verbrechen .aufmerksam zu machen.

Todesahnung. Der Bildhauer Prof. A. S t r o b 1 in Budapest arbeitet gegenwärtig
an einem mächtigen Werk, das die Arbeit und den Arbeiter glorifiziert. Es
ist das Monument des berühmten Andreas Mechwart, des ehemaligen Direktors, der
die Ganzsche Fabrik auf ihre jetzige Höhe brachte und dem sie ihr Ansehen zu verdanken
hat. Mechwart ist auch der Erfinder des nach ihm benannten Eisenbahnachsenlagers
. Die Hauptfigur des Monuments bildet die in zweifacher Lebensgröße
ausgeführte Bruststatue Mechwarts, vor welcher Arbeiter, Werkführer und Ingenieure
ihre Huldigung darbringen. Prof. A. Strobl ersuchte nun den pensionierten
Oberingenieur Max Schöller, er möge ihm zu der Figur des Werkmeisters
Modell sitzen. Der alte Herr erhörte gern des Künstlers Wunsch und erschien
täglich auf eine Stunde in seinem Atelier. Schöllers charakteristischer, schöner Kopf
ging beinahe seiner Vollendung entgegen, als das Modell zum Meister sprach: „Herr
Professor, ich werde Ihnen heute anstatt einer vier Stunden sitzen, aber vollenden
Sie heute den Kopf, denn ich komme nicht mehr her." Strobl sah verwundert
auf* und fragte den Ingenieur, ob er sich denn bei ihm langweile oder ob ihm der
Weg zu ihm zu beschwerlich falle. „Keines von beiden hält mich vom Kommen ab.
Ich habe nur die dumpfe Ahnung, daß ich nicht mehr kommen werde, und eine
innere Stimme ruft mir fortwährend befehlend zu: „Beende alles, was du
noch auf dieser Welt zu beenden hast!"

Der Meister bemühte sich, sein Modell zu beruhigen, aber Schöller fuhr in
entschlossenem Tone fort: „Oh ich benötige keinen Trost, ich bin vollkommen


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zb_okkultismus1911/0316