Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 397
(PDF, 169 MB)
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zu greifen, wenn die natürlichen Erklärungen erst erschöpft sind. Unter
den letzteren wird heute die telepathische Uebertragung am öftesten
gebraucht. Da sie sich als Erklärung der Erscheinungen Lebender in
vielen Fällen als zutreffend erwiesen hat, so stand zu vermuten, daß sie
auch zur Erklärung der Phantome der Toten nicht versagen würde. Diese
Vermutung war um so gerechtfertigter, als die okkultistische Forschung
mehr und mehr erkannte, daß sowohl die Erscheinungen Lebender wie
Verstorbener in ein und dieselbe Reihe zu stellen sind, wie Gab. Delanne
in dem von mir oben genannten Buche eingehend zeigt. Die Reihe bebeginnt
mit den Fällen, in welchen der Agent ein Lebender ist, setzt sich
fort mit jenen, in welchen der Agent im Sterben liegt, und endet mit den
Erscheinungen, bei welchen der Agent seit kurzer oder längerer Zeit gestorben
ist. Allerdings mußte man für die Erscheinungen der Toten die
Hypothese erweitern: man stellte die Theorie der sog. »Telepathie
retardee« auf. Nach derselben geschieht die telepathische Uebertragung
seitens des Agenten vor seinem Tode oder in dem Momente des Sterbens
, aber der Eindruck schläft im Geiste des Empfängers (Perzipienten),
bleibt dort latent, um erst später unter der Form einer Vision im Wachzustand
oder einer Erscheinung im Traume oder in irgend einer anderen
Weise aufzutreten. Dies ist besonders der Fall, wenn der Geist des
Empfängers stark mit anderen Dingen beschäftigt ist, so daß man annehmen
kann, daß jenes Bild, jener Eindruck erst die Schwelle des Wachbewußtseins
überschreitet, wenn im Geiste des Perzipienten Ruhe eingetreten
ist.

Diese Theorie ist ohne Zweifel sehr geistreich und gewiß ist mit
ihr die Erklärung für die Erscheinung Verstorbener in manchen Fällen
gegeben. Daß sie aber nicht auf alle Fälle anwendbar ist, hat selbst
der Erfinder der Theorie, f. Gurney, der bekannte Mitarbeiter des
Werkes »Phantasma of the Living« betont. Er sagt u. a.: »Obwohl
ernste Gründe für die Annahme der latenten Periode« sprechen, wollen
doch ich und meine Kollegen nicht als Dogma angesehen haben, was
heute nur erst als »hypothese transitoire« (also als Uebergangshypothese)
angenommen werden kann. Man muß vor allem in den psychischen
Forschungen solche Irrtümer vermeiden und immer den Geist für neue
Erklärungen der Tatsachen offen halten. In der vorliegenden Frage spricht
eine Anzahl ernster Einwürfe gegen die Annahme, daß ein von einem
Sterbenden kommender telepathischer Eindruck erst an die Oberfläche
tritt, nachdem er stundenlang latent geblieben ist. Die Fälle, welche ich
als dafürstimmend angegeben habe, sind selten eintretend und schlecht
festgestellt, überdies war die Periode des Unbewußtseins nur einige
Sekunden und Minuten und nicht ganze Stunden. Obwohl einige Beispiele
vorhanden sind, in welchen der Zeitzwischenraum zwischen Tod
und dem Eintritt des Phänomens durch die Tatsache erklärt werden kann,
daß der Geist oder die Sinne des Empfängers durch andere Dinge so


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