Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 405
(PDF, 169 MB)
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Sehen, Wahrnehmen von etwas geben kann, das, wie die zukünftigen
Ereignisse, noch nicht existiert.

Da nun aber nicht jedermann das Vorausschauen auf Grund der
Leibniz'schen Monadenlehre sich plausibel zu machen versucht, so
wird der erwähnte Einwand auch weiter eine große Rolle spielen. Und
•da kann sich dann immer die Frage ergeben: Was ist denn im Grunde
die Zukunft? Ist sie ein Nichts? Und was ist die Gegenwart? Hierauf
läßt sich, der über die Zeit herrschenden gewöhnlichen Anschauung entsprechend
, sagen: Die Gegenwart ist die Frucht der Vergangenheit; sie
ist weiter die Trägerin des Keimes der Zukunft, so wie selbst der noch
im Mutterschoße ruhende Embryo bereits der Träger neuer Keime ist.*)
» ... in dem Heute wandelt schon das Morgen«, heißt es in Schillers
Wallenstein. Die Zukunft ist die in Bildung begriffene Frucht der Gegenwart
. Aber eben eine Frucht, die sich unaufhörlich bildet, denn »pfeilschnell
ist das Jetzt entflogen«. Der »sausende Webstuhl der Zeit« hat
«ein rasendes Tempo und man kann daher die Gegenwart ohne weiters
auch einen »kaum geborenen und schon verlorenen Augenblick« nennen.

Fragen wir: Wie lange dauert die Gegenwart? — so muß die Antwort
lauten: eine unendlich kurze Zeit. Wenn uns die moderne Wissenschaft
u. a. lehrt, daß manche farbigen Lichteindrücke, welche das normale
Menschenauge noch wahrzunehmen vermag, durch beiläufig 760
Billionen Ätherschwingungen in der Sekunde dargestellt werden, so kann
dies unter anderem auch besagen, daß die Gegenwart den siebenhundert-
sechzigbillionsten Teil einer Sekunde dauere Nun gibt es aber, den
neueren Forschungen nach, ja noch viel raschere Ätherschwingungen.
Eine Grenze für die kürzeste Schwingungszeit läßt sich überhaupt nicht
feststellen. Es muß letztere vielmehr als unendlich klein angenommen
werden. Hiernach müssen wir denn auch die Dauer dessen, was wir
die Gegenwart nennen, als unendlich kurz bezeichnen. Auf die unendliche
Teilbarkeit der Zeit überhaupt und damit auf die unendliche Kürze
der Gegenwart hat Schopenhauer hingewiesen, indem er hinsichtlich
der Materie sagt: » . . . . sie muß die Eigenschaften der Zeit und die
des Raumes, so sehr sich beide widerstreiten, zugleich an sich tragen,
und was in jedem von jenen beiden für sich unmöglich ist, muß sie in
sich vereinigen, also die bestandlose Flucht der Zeit mit dem starren,
unveränderlichen Beharren des Raumes; die unendliche Teilbarkeit
hat sie von beiden.**)

In Folge der heute vorliegenden Ergebnisse der modernen naturwissenschaftlichen
Forschungen, auf Grund deren seitens mehrerer Forscher

*) Die im 17. Jahrhundert entstandene und von Leibniz auch für seine Monadenlehre
verwertete »Einschachtelungs-Lehre«, wonach in dem Ei oder Keim schon auch
die Eier oder Keime aller folgenden Generationen ad infinitum vorgebildet seien, wird
von der modernen Naturwissenschaft verworfen.

**) Die Welt als Wille und Vorstellung, 1.


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