Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 471
(PDF, 169 MB)
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»Aber wie Behrings wissenschaftlicher Drang, so hat blasse Angst
um das Leben einen Anderen zu der gleichen Anwendung und Entdeckung
geführt. Und dieser Vorläufer des Marburger Professors war König
Mithridates von Pontus (gestorben 63 vor Christus). Wie die Historie
berichtet fütterte er Gänse mit steigenden Dosen Gift von jeglicher Art,
denn die Giftkenntnis war in jenen Zeiten eine Voraussetzung diplomatischer
Geschicklichkeit, dann trank er das Blut dieser giftfesten
Gänse. In der Sprache moderner Serologie ausgedrückt: er immunisierte
sich passiv durch Einverleibung des Serums aktiv immunisierter Tiere. —
König Mithridates soll schließlich gegen die damals üblichen Gifte immun
gewesen sein, wird doch berichtet, daß er sich vergeblich mit Gift zu
töten versuchte, als sein Lieblingssohn sich gegen ihn erhoben hatte
und ihn in der Königsburg belagerte, und daß ihn endlich einer seiner
Getreuen auf seine Bitten niederstieß. Ihm zu Ehren hat man vorgeschlagen
, diese Art von »Immunisierung« Mithridatismus zu nennen!«

»An den Ufern des Ganges im Schleier buddhistischer (wohl
richtiger brahmanischer) Geheimnisse hat sich eine andere Immunisierung
herangebildet. Dort lebt hochgeehrt von den Hindus, von den aufgeklärten
Europäern aber verspottet, mit dem Nimbus des Wunders umgeben
, die Sekte der Schlangenbeschwörer. Wird ein Eingeborener von
einer giftigen Schlange gebissen, so läßt er sich von einem solchen
Schlangenbeschwörer in die Wunde spucken und der Biß heilt ohne
Folgen. Jetzt haben wir es gelernt Gleiches im Reagenzglase zu machen,
darum lächeln wir nicht mehr darüber, sondern staunen, scheuer
Bewunderung voll. Läßt uns dieser Vorgang doch ahnen, welche
WeisheitjahrtausendelangeBeobachtung auch ohne wissen-
schaftliche Systematik anzuhäufen vermag.*)

Behrings Heilserum sinkt die^Sterbliehkeit angeblich auf 14 Prozent. Demgegenüber
steht fest, daß die Homöopathen bei Verordnung von Cyanmerkur in der dreißigsten
Centesimalverdünnung nur 2—5 Prozent Todesfälle zu verzeichnen haben. Bei Anwendung
der elektrohomöopathischeri Mittel soll die Mortalität nach Angaben bewährter
Praktiker gar auf 5—6 pro Mille sinken. Kosten solch einer homöopathischen
Kur: einige Pfennige (gegenüber zehn Mark für eine Injektionsdosis „Heilserum
"), üble Folgen der „Arzneiwirkung" ausgeschlossen. Wann wird dies in maßgebenden
Kreisen endlich zugegeben werden? Übrigens soll in letzter Zeit der
wesentlichste Fortschritt der Diphtheriebehandlung durch die Schulmedizin darin
bestehen, daß man vom Munde aus einen Qummischlauch in die Luftröhre einführt,
wodurch der Erstickungstod verhindert wird. Wunderlich genug, daß man s o
spät auf solch ein einfaches mechanisches Rettungsmittel verfiel. Wäre das
Behringsche Serum in seiner Wirkung absolut sicher, so dürfte kaum ein Arzt auf
die ebenerwähnte „Schlauchmethode" gekommen sein. Es mag aber schwere Fälle
von Diphtherie geben, wo auch die „Schlauchmethode" im Verein mit dem Serum
nicht mehr helfen; Fälle, in welchen nach Dr. Zimpels Beobachtungen die Diph-
theritis nicht nur Mandeln und Rachenhöhle befällt, sondern auch auf den Kehlkopf
übergeht, in die Tiefe gehende Zerstörungen veranlaßt und mit raschem Kräfteverfall
verbunden ist.

*) Dagegen wäre wohl der Einwand gestattet, daß es sehr naheliegend ist,
daß die Sekte der „Schlangenbeschwörer" irgend einmal zu eingeweihten Brahmanen


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