Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 472
(PDF, 169 MB)
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»Die Erklärung dieses Vorganges ist die: Die Schlangenbeschwörer
lassen ihre Kinder von alten, nur mehr schwaches Gift produzierenden
Schlangen beissen. Das ertragen die Kinder zumeist oder aber sie
gehen zu Grunde. Die Ueberlebenden besitzen durch das Ueberstehen
dieser einen Infektion schon eine solche Immunität, daß ein normaler
Schlangenbiß nur mehr eine schwache Reaktion auslöst. Dieses Verfahren
wird fortgesetzt, bis zuletzt der erwachsene Schlangenbeschwörer
eine solche Giftfestigkeit besitzt, daß jegliche seiner Körperflüssigkeiten
das Gegengift beherbergt und zur Neutralisierung von Gift
dienen kann.«

»So genügt ein Tropfen seines Speichels, um die Giftdosis zu
binden. Der Schlangenbeschwörer selbst ist völlig giftfest. Er kann
sich beliebig von Schlangen beissen lassen, die Folgen sind nicht ärger,
als wie wenn er sich mit einer Nadel gestochen hätte.«

»In serologischem Deutsch ausgedrückt lautet dieser Vorgang:
Der Schlangenbeschwörer hat sich aktiv immunisiert. Sein Speichel dient
zur passiven Immunisierung der Gebissenen. Oder auch: der Schlangenbeschwörer
ist vacciniert, denn die Impfung mit abgeschwächtem Gift
nennt man nach dem Beispiele der Kuhpockenimpfung »Vaccination«.

in Beziehung stand und von diesen unterrichtet wurde. Verwirft aber der moderne
Wissenschaftler diese Quelle der Belehrung für die „Schlangenbeschwörer", so folgt
daraus um so zwingender, daß Beobachtungen und Erfahrungen von Laien für die
praktische Heilkunde von größtem Werte sein können. Beobachtungen
machen, Erfahrungen sammeln kann aber schließlich jeder Mensch, der dazu Gelegenheit
hat und einen klaren Hausverstand besitzt. Deshalb weiß auch jeder praktische
Arzt, daß die am Krankenbett gesammelten Erfahrungen mehr wert sind als
alle gelehrten Theorien, die unerprobt geblieben. Gewiß, es mögen auch einzelne
brauchbare Heilmittel theoretischen Erwägungen ihren Ursprung verdanken, in
letzter Linie sind es wieder nur Umwertungen oder geschickte Kombinationen praktischer
Beobachtungen und Tatsachen. Nur Menschen mit der Qabe der direkten
Schauung, also Menschen, deren innere Sinne geöffnet sind, können direkt für irgend
eine Krankheit das hierfür passende, oft einzige Heilmittel finden, wie solche Fälle bei
Somnambulen beobachtet wurden. (Darüber wollen wir jedoch erst am Schlüsse
dieser Arbeit einige Bemerkungen machen.) Jetzt genügt es darauf hinzuweisen,
daß es Pflicht jeder ehrlichen Forschung ist, Laienbeobachtungen, Laienerfahrungen
und Laienresultate zu studieren, denn nur so ist es möglich, die dahinter
wirkenden Naturgesetze zu erkennen. Kann aber die Wissenschaft für irgend eine
Tatsache, die z. B. im Volke längst von Laien als Heilmittel angewendet wird, keine
Erklärung finden, so soll man deswegen die Ausübung solch einer „mystischen Heilmethode
" doch nicht unterbinden. Dadurch nimmt man erstens vielen Kranken, die
sonst nirgends Heilung finden, die letzte Rettungsmöglichkeit und zweitens schadet
man sich selber, indem man Tatsachen wegzuleugnen versucht, Tatsachen, die, richtig
verstanden, unsere wissenschaftliche Erkenntnis selbst ungeahnt fördern
würden. Im Interesse der persönlichen Freiheit, im Interesse des unleugbaren
Rechtes, sich von jenen Menschen kurieren zu lassen, zu welchen man Kraft
ihrer Erfolge Vertrauen haben darf, endlich im Interesse wahrer Forschung
und gesunder Konkurrenz ist also die gerade jetzt im deutschen Reiche bedrohte
Kurierfreiheit von allen Tieferdenkenden zu verteidigen und zu unterstützen.


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