Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene e. V., Frei122-Z4
Zentralblatt für Okkultismus: Monatsschrift zur Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
5.1911/12
Seite: 500
(PDF, 169 MB)
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— 500

Hellsehen im Traume. Im Frühling des verflossenen Jahres machte folgender
Bericht die Runde durch die russischen Zeitungen: „Auf dem Qute Stephanpol, Kreis
Disna, Gouvernement Wilna in Rußland, diente beim Arendator des Gutes Lejbow das
Stubenmädchen Marynja, zu der Lejbow bald in ein intimes Verhältnis trat. Nach
einiger Zeit erklärte er auf einmal dem armen verführten Mädchen, daß er eine ihm
passendere Person heiraten wolle und sie nun sein Haus verlassen müsse. Diese
aber wollte davon natürlich nichts wissen und machte dem harten Manne die heftigsten
Vorwürfe. Bald darauf verschwand Marynja aus dem Hause Lejbows. Diesem
Umstand hat natürlich niemand irgend eine Bedeutung zugemessen. Das Mädchen
war eine Waise und hatte nur einen Onkel, der sie sehr liebte. Einst beschloß er
sie zu besuchen, kam daher nach Stephanpol, fand sie aber nicht mehr da. Auch in
Disna, wohin sie nach Versicherung des Lejbows gereist wäre, blieben alle Nachforschungen
des besorgten Onkels umsonst. Da sieht er auf einmal im Traume einen
Milchkeller auf dem Gute Stephanpol und in einer Ecke desselben im Kasten den
Leichnam seiner Nichte! Er macht eine Anzeige und erklärt zugleich, was er im
Traume gesehen hat. Beim Arendator Lejbow erscheint die Polizei, und als dieser
unklare und verwirrte Aussagen zu machen begann, beschloß man den Traum auf
dessen Richtigkeit zu prüfen. Wie groß war nun das Erstaunen aller, als man nach
kurzem Suchen auf der bezeichneten Stelle einen Kasten fand, in dem das unglückliche
Mädchen mit durchschnittenem Halse lag." — Derlei Entdeckungen von Verbrechern
auf okkultem Wege lassen sich zu allen Zeiten feststellen, sie beweisen, daß auch der
Jurist einen Einblick in die Phänomenologie des Okkultismus besitzen sollte, um der
Gerechtigkeit besser zum Siege verhelfen zu können. Eine gründliche Abhandlung
über das Thema: „Was muß der Jurist vom Okkultismus wissen",
wird deshalb immer notwendiger. Wir laden daher unsere Leser freundlichst ein, das
Entstehen eines solchen nützlichen Buches dadurch zu unterstützen, indem dieselben
uns möglichst viele, gut beglaubigte Fälle dieser Art zur Veröffentlichung zukommen
lassen.

Hat Jesus gelebt? Eine Antwort von Ernst Edler von der Planitz.*) Seit
einiger Zeit diskutieren protestantische Theologen und Männer der Wissenschaft in
Fachblättern und öffentlichen Versammlungen die Frage: Hat Jesus gelebt0 — Die
Tatsache, daß eine solche Frage überhaupt aufgeworfen wird, ist ein charakteristisches
Zeichen des Geistes unserer Generation. Noch vor hundert Jahren wäre der
Fragesteller gesellschaftlich unmöglich geworden. Diese Art wissenschaftlicher Betrachtung
kennzeichnet sich als letzter Ausläufer jener Richtung, welche alles Sein,
jede Existenz, kurz irdisches und geistiges Leben auf das hochgewichtige „Ich" zurückführte
und erklärte: die Welt existiert überhaupt nur lo lange, als ich sie erfasse
. Wenn ich schlafe, gibt es keine solche u. s. w. — Es wird also alles Reale
schlechtweg geleugnet und alles auf die persönliche Empfänglichkeit zurückgeleitet.
Diese Denkart aber ist ebenso unhaltbar wie jene historische Richtung, die alle Geschehnisse
, welche nicht dokumentarisch erweisbar sind, ins Gebiet der Mythe
zu schieben sich bemüht. In bezug auf Jesu Leben ist David Strauß hierin vorbildlich
geworden. Was den literarischen Erfolg seines „Leben Jesu" zeitigte, war weniger

*) Ernst Edler von der Planitz, der bekannte Kulturhistoriker, veröffentlicht
soeben im Verlag A, Piehler & Co., Berlin, ein neues Werk: „Ein Jugendfreund
Jesu", das hochinteressantes, bisher unbekanntes Material zur Geschichte Jesu
und seiner Zeit enthält. Nicht nur den Kennern von Planitz' viel gelesenen Werken,
sondern jedem Gebildeten dürfte es daher willkommen sein, die Stellung dieses unabhängigen
Autors zu der neuerdings aufgeworfenen Frage kennen zu lernen. Seine
Antwort ist um so gewichtiger, als er die Frage einzig als Historiker ohne irgend
welche konfessionellen Rücksichten beantwortet.


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